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Abstimmungen vom 24.11.2024:

Informationen und Empfehlungen

Biodiversität im Privatgarten

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Die Sagi Hegi, ein Haus der Winterthurer Genossenschaft Gesewo, zeigt, wie Biodiversität im Siedlungsraum funktionieren kann: Das Grün erobert die Vertikale und fasziniert mit wilder Schönheit. © FotoWicki

Nicht nur Felder, Wiesen und Wälder sind wichtig, wenn es um die Förderung der Biodiversität geht, sondern auch der Siedlungsraum und hier insbesondere private Gärten. Im Prinzip trägt jedes noch so kleine Begleitgrün zur Vernetzung der Natur und damit zur Förderung der Biodiversität bei.

Der Experte: Beat Kunz
Bereichsleiter Stadtgrün Winterthur

Wie steht es um die Biodiversität in den Privatgärten der Region Winterthur? Dazu Beat Kunz, Bereichsleiter Stadtgrün Winterthur: «Konkrete Zahlen gibt es nicht, aber Privatgärten machen einen beträchtlichen Teil des Stadtgebiets aus und sind wichtig, wenn es um die Vernetzung von Grünflächen innerhalb der Stadt geht.»

Eine Vernetzung von Grünflächen ist deshalb so wichtig, weil Lebewesen nicht nur optimale Aufenthalts- und Nistplätze benötigen, sondern auch sichere Wege für ihre täglichen oder saisonalen Wanderungen zur Nahrungssuche oder zur Besiedlung neuer Lebensräume. Die Vernetzung von Lebensräumen ermöglicht den Austausch genetischer Informationen zwischen Populationen und trägt so zu einer widerstandsfähigeren Artenvielfalt bei.

Was viele nicht wissen: «Winterthur hat als typische Stadt im Mittelland mit verschiedenen Trockenstandorten, Saum- und Ruderalflächen viel Potenzial für seltene Arten. Das zeigt, dass keineswegs nur Felder und Wiesen auf dem Land, sondern ebenso der Siedlungsraum wichtig ist, wenn es um die Förderung der Biodiversität geht», macht Beat Kunz deutlich.

Vorbildfunktion von Stadtgrün Winterthur

«Wir von Stadtgrün Winterthur wollen mehr Natur in die Stadt bringen und richten unsere Pflege vermehrt darauf aus, ein Netz von Trittsteinen zu schaffen, die von Organismen und Pflanzen besiedelt werden können. Wir haben bereits viele Wildhecken gepflanzt und achten bei der Auswahl der Bäume auf einheimische Arten, nehmen also eine Vorbildfunktion ein.»

Eine sehr wichtige sogar. Denn vielfach gilt der fein geputzte Garten noch immer als Idealbild, das sich nur langsam wandelt. Beat Kunz, der lang im Forstbereich tätig war, kennt diese Entwicklung aus der Waldbewirtschaftung. «Der Wandel von den aufgeräumten Wäldern in den 1990er-Jahren zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung mit jeder Menge Tot­holz hat viele Menschen anfangs gestört.» Irgendwann stellt sich eine neue Normalität ein, ähnlich wie bei Modetrends.

Fachwissen fehlt

«Es gibt viele Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, die ihren Garten sehr gern naturnah gestalten würden, aber nicht so recht wissen, wie», sagt Beat Kunz. Neben einem zu ausgeprägten Ordnungssinn fehlt es an Fachwissen. Wo also anfangen? «Am besten mit einheimischen Wildstauden, Sträuchern und Blumen. Sie sind für das Ökosystem viel wertvoller als gebietsfremde Pflanzen und bieten Kleintieren Nahrung, Nist- und Rückzugsorte.»

Mit Laubhaufen, Ast- und Steinhaufen kann man zudem Rückzugsorte für Kleinsäuger schaffen. Beim Anlegen der Kleinstrukturen ist auf Vielfalt zu achten, und weil man damit Amphibien, Igel und andere Tiere anlockt, sind Tierfallen unbedingt zu vermeiden beziehungsweise sollten mit Brettern Hilfen für den Ausstieg aus Lichtschächten oder Kellerabgängen geschaffen werden. Zäune sollten 10 bis 15 Zentimeter über dem Boden abschliessen, damit Igel gut darunter durchkommen.

Die Gartenputzete im Herbst sollte man ebenfalls überdenken: «Blütenstände stehen lassen, denn viele Insekten legen dort ihre Eier ab, die im Frühjahr ab etwa 15 Grad schlüpfen. Erst dann können sie entfernt werden. Wenn die Blütenstände irgendwo stören, die Stängel abschneiden und in einer wasserabführenden Feuerschale bis zum Frühjahr stehen lassen. So können die Tiere trotzdem überleben», erklärt Beat Kunz.

Kleine Grünflächen können aufgewertet werden und so die Lebensqualität für Mensch und Tier verbessern, wie das Beispiel der Giesserei zeigt, ebenfalls eine Siedlung der Gesewo. © FotoWicki

Türöffner für mehr Natur

Ansonsten darf man die Hinwendung zu mehr Biodiversität durchaus als Abenteuer und Experiment betrachten, auf das man sich einlassen darf. «Der Natur mehr freien Lauf lassen und beobachten, was passiert. Man wird überrascht sein, wie viele Schmetterlinge, Käfer, Vögel, Pilze und Blumen relativ rasch den Garten erobern», weiss der Leiter von Stadtgrün Winterthur. Es ist ein Aufblühen im übertragenen Sinne, denn es ist nicht so, dass der Garten gleich im ersten Sommer zur blühenden Oase wird.

Es ist eher ein dynamischer Prozess. Man lenkt mehr, als dass man ein fertiges Bild eines Gartens anstrebt. Vielleicht gedeiht eine Pflanze nicht dort, wo man sie gepflanzt hat, wächst aber durch Versamung an einem anderen Ort. «Man muss nicht gleich den ganzen Garten umgestalten, sondern kann partiell vorgehen. Zum Beispiel mit dem Rasen beginnen, den man an einigen Stellen noch regelmässig mäht, andernorts als Blumenwiese anlegt und schaut, was die Natur daraus macht», rät der Experte. Und Unkraut ist nicht länger nur Feind, sondern differenzierter zu betrachten.

Lediglich die invasiven Neophyten, die Reinbestände bilden, andere Pflanzen verdrängen und der Biodiversität schaden, gilt es im Blick zu behalten. «Dazu gehören das Berufkraut, die Goldrute und die Rote Spornblume, die zwar Taubenschwänze anlockt, aber sehr schnell verwildert und als invasiv gilt. Hier muss man sich aktiv informieren und solche Gewächse gar nicht erst anpflanzen», sagt Beat Kunz. Ein Beispiel ist zudem der Sommerflieder, der als Schmetterlingsbaum gilt, aber genauso invasiv ist wie der Kirschlorbeer, der vorderhand leider immer noch in Gartencentern verkauft wird. (Anmerkung: Ab 1. September 2024 ist der Verkauf beider Arten verboten.)

Sogar für Klassiker wie die Geranie, die eigentlich eine Pelargonie ist und aus Afrika und Asien zu uns gelangt ist, gibt es Alternativen, die den Wildbienen viel mehr zu bieten haben. «Zum Beispiel die einheimische Geranie, der Blutrote Storchenschnabel, der winterhart ist und lang blüht. Der Sonnenhut, der ebenfalls nicht einheimisch ist, kann man durch Sommer- oder Herbstastern ersetzen. Denn selbst wenn man bestimmte Insekten auf dem Sonnenhut beobachten wird, sind das oft Generalisten oder Opportunisten und keine Feinschmecker wie die Wildbienen, die auf einheimische Arten spezialisiert sind.»

Der Rote Hartriegel zieht Wild- und Honigbienen ebenso an wie Schmetterlinge und ist ein wichtiges Vogelnist- und Nährgehölz.
Als Hecke kann der Schwarzdorn ein Grundstück gut abgrenzen und Vögeln geeignete Nistplätze bieten.
Der Wald-Storchschnabel füllt Lücken in Beeten und Rabatten und liefert Insekten reichlich Nahrung.

Winti-Scout

Der Stadtflora auf der Spur. Mit der kostenlosen App «Flora Incognita» können Interessierte die Pflanzenwelt in Winterthur (auch im eigenen Garten) selbstständig erforschen, kinderleicht dokumentieren und so zum Schutz der Biodiversität in der Stadt beitragen. Für Stadtgün Winterthur sind die Daten gleichzeitig eine wertvolle Grundlage für ihre Arbeit.

Hilfe im Netz

Der Verein Naturgarten Stadt will mit ökologischen Massnahmen die Artenvielfalt und die Biodiversität in der Stadt Winterthur verbessern und hält in Merkblättern wertvolle Tipps bereit.

Autorin

Sabine Born

Redakteurin HEV Wohneigentümer

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