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Abstimmungen vom 24.11.2024:

Informationen und Empfehlungen

Fakten zu Mietwohnungen, Mietzinsen und Genossenschaften

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© iStockphoto IGphotography / Eigene Darstellung

Gemäss Sorgenbarometer machen die steigenden Gesundheitskosten und Krankenkassenprämien den Schweizerinnen und Schweizern die grössten Sorgen, gefolgt von erhöhten Wohnkosten, steigender Inflation und drohender Rezession. Sind die Sorgen wegen steigenden Mieten und knappem Wohnraum berechtigt oder sieht die Wirklichkeit anders aus?

Mit Fakten werden Behauptungen zu Mietzinsentwicklung, Wohnungsangebot sowie zu Renditen bei Mietwohnungen und Genossenschaften überprüft und aufgezeigt, ob die Sorgen über erhöhte Wohnkosten gerechtfertigt sind oder nicht.

Der HEV-Fakten-Check zu Mietwohnungen, Mietzinsen und Genossenschaften

In Kürze

  • In den vergangenen Jahren sind Mietzinsen durchschnittlich um rund ein Prozent gestiegen.
  • Der Anteil der Mietzinsen am Einkommen liegt konstant zwischen 20 bis 21 Prozent, bei bestehenden Mietverhältnissen reduzierte sich der Mietzinsanteil.
  • Trotz höheren Mieterträgen gingen die Renditen von Mehrfamilienhäusern zurück, im europäischen Vergleich hat die Schweiz die zweittiefsten Renditen.
  • Untervermietungen verteuern die Mietzinsen, zudem verfügt der Untermieter über einen schlechteren Kündigungsschutz und wird häufig zum Abschluss eines befristeten Mietvertrags gezwungen.
  • Während Anfangsmietzinse bei Genossenschaften auch dank vergünstigtem Bauland tiefer sind, erhöhen Genossenschaften die Mieten stärker als institutionelle oder private Vermieter.
  • Die Leerwohnungsziffer zeigt ein verzerrtes Bild vom Wohnungsmarkt, in der Stadt Zürich gibt es 25-mal mehr Umzüge als leere Wohnungen.

1. Entwicklung der Mietzinsen

In den Medien wird regelmässig über steigende Mieten berichtet und dass die Mieten einen immer grösseren Anteil vom Haushaltseinkommen ausmachen. Sind die Mietzinsen tatsächlich stark gestiegen und wie sieht es im Verhältnis zu Krankenkassenprämien oder Kaufpreisen von Wohneigentum aus? Welchen Anteil machen die Mietzinsen beim Einkommen aus und wie hat sich dieser Anteil in den letzten Jahren verändert? Diese Fragen werden mit Fakten zur Entwicklung der Mietzinsen beantwortet.

In Kürze

  • Die Entwicklung der Mietzinsen in den vergangenen Jahren war wesentlich tiefer als es aufgrund der allgemeinen Wahrnehmung zu erwarten wäre.
  • Die Mietzinsen aller Mietwohnungen haben sich pro Jahr um 1,1 Prozent verteuert, in bestehenden Mietverhältnissen blieb der Mietzins ungefähr gleich.
  • Auch beim Anteil der Mietzinsen am Einkommen gab es in den vergangenen Jahren kaum Veränderungen. Mit einem Mietzinsanteil zwischen 20 und 21 Prozent liegt dieser deutlich unter der Drittelregel für die Mietzinsen.
  • Wer seit 2010 in der gleichen Mietwohnung lebt, bezahlt heute noch 18,6 Prozent vom Einkommen für das Wohnen.

1.1 Veränderungen bei Mietzinsen

Wie sich die Mietzinsen von Mietwohnungen entwickeln, wird vom Bundesamt für Statistik (BFS) quartalsweise erhoben und im Mietpreisindex publiziert. Der Mietpreisindex bildet die Veränderungen der Nettomieten im Gesamtbestand aller laufenden Mietverhältnisse ab und umfasst die Mietpreise aus neuen wie auch aus laufenden Mietverhältnissen.

Während das BFS mit dem Mietpreisindex die Entwicklung aller Mietverhältnisse aufzeigt, wird vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) mit dem Altbestandesmietindex die Entwicklung der Mietzinsen in bestehenden Mietverhältnissen abgebildet. Der Altbestandesmietindex zeigt das durchschnittliche Wachstum der Nettomiete in Wohnungen ohne Mieterwechsel, inklusive der angenommenen Altersentwertung. Der Altbestandesmietindex wird von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) im Auftrag vom BWO vierteljährlich errechnet.

Entwicklung Mietpreisindex und Altbestandesmietindex, eigene Darstellung, Daten: BFS, ZKB

Die beiden Mietindizes haben sich seit 2010 nominal, ohne Berücksichtigung der Teuerung, unterschiedlich entwickelt. Während der Mietpreisindex pro Jahr um 1,1 Prozent gestiegen ist, gab es beim Altbestandesmietindex keine wesentlichen Steigerungen. Die Altmieten sind zuerst wegen Senkungen beim Referenzzinssatz gesunken und haben sich erst mit den letzten Referenzzinssatzerhöhungen verteuert. Über die vergangenen 14 Jahre stieg der Altbestandesmietindex gesamthaft um 0,8 Prozent.

Real, also mit Berücksichtigung der Teuerung, ist der Mietpreisindex seit 2010 um 9,3 Prozent gestiegen, was einer durchschnittlichen Steigerung von 0,7 Prozent entspricht. Der Altbestandesmietindex ist mit Berücksichtigung der Teuerung seit 2010 um 3,9 Prozent zurückgegangen, jedes Jahr durchschnittlich um 0,3 Prozent. Im Vergleich zu den Krankenkassenprämien oder den Preisen für Eigentumswohnungen verteuerten sich die Mieten deutlich weniger stark.

Entwicklung 2010 – 2023Durchschnittliche Veränderung pro Jahr
Altbestandesmieten (real)-3,9 %-0,3 %
Altbestandesmieten (nominal)+0,8 %+0,1 %
Gesamtmieten (real)+9,3 %+0,7 %
Gesamtmieten (nominal)+14,7 %+1,1 %
Krankenkassenprämien+29,2 %+2,2 %
Eigentumswohnungen+54,9 %+4,2 %
Kostenentwicklungen von 2010 bis 2023, eigene Darstellung, Daten: BFS, ZKB, FPRE

1.2 Anteil Mietzinsen am Einkommen

Laut einer allgemeinen Empfehlung sollen Mietzinsen nicht mehr als ein Drittel vom Einkommen ausmachen. Diese Drittelregel kommt auch bei der Tragbarkeitsrechnung beim Wohneigentum zur Anwendung, wenn das Finanzierungsinstitut die Vergabe einer Hypothek prüft.

Anteil der Mietzinsen am Einkommen, eigene Darstellung, Daten: BFS, ZKB

Seit 2010 blieb der durchschnittliche Anteil der Mietzinsen am Einkommen bei der Gesamtzahl aller Mietverhältnissen stabil und schwankte zwischen 20,2 und 21,0 Prozent. Bei bestehenden Mietverhältnissen ging der Mietzinsanteil kontinuierlich zurück. Wenn jemand seit 2010 in der gleichen Mietwohnung lebt, reduzierte sich der durchschnittliche Anteil der Mietzinsen von 20,7 auf 18,6 Prozent vom Einkommen.


2. Einfluss auf Mietzinsentwicklung

Warum entwickeln sich Mietzinsen bei neuen Mietverhältnissen und bestehenden Mietverhältnissen unterschiedlich und welche Faktoren beeinflussen die Mietzinsentwicklung? Sind Mieterschutzbestimmungen ein gutes Mittel für günstige Mieten oder bewirken sie das Gegenteil? Diese Fragen werden mit Fakten zum Einfluss auf die Mietzinsentwicklung beantwortet.

In Kürze

  • Angebot und Nachfrage spielen bei der Mietzinsentwicklung eine wichtige Rolle. In den vergangenen Jahren ist die Bevölkerung stärker gewachsen als neuer Wohnraum erstellt wurde.
  • Gemäss einer Studie der Universität Fribourg erhöhen sich die Neumieten um 8 Prozent für jedes Prozent Zunahme beim Ausländerbestand.
  • Zur Nachfragesteigerung führen aber auch die steigende Zahl von Trennungen und die Alterung der Bevölkerung, weil dadurch die durchschnittliche Haushaltsgrösse kleiner und die Nachfrage nach Wohnungen grösser wird.
  • In mehreren Studien wurden die Folgen von Mietpreisregulierungen auf den Wohnungsmarkt untersucht und die Ergebnisse zeigten ähnliche unerwünschte Auswirkungen. Mietpreisregulierungen führen zwar zu niedrigen Mieten im regulierten Segment, erhöhen aber die Mieten im nicht regulierten Segment.
  • Zu starke Mietregulierungen führen zudem zu einer reduzierten Bautätigkeit bei Mietwohnungen, weil die Vermietung an Attraktivität verliert. Eine zu starke Mietpreisregulierung nimmt Anreize für Sanierungen und führt langfristig zu einer qualitativen Verschlechterung des Mietwohnungsangebotes. Auch Anreize für den Umzug in eine besser passende Wohnung nehmen durch Mietpreisregulierungen ab, wodurch insgesamt die Mobilität im Wohnungsmarkt abnimmt und insbesondere für junge Personen und Familien der Zugang zum Wohnungsmarkt erschwert wird.

2.1 Neu- und Wiedervermietung

Bei der Mietzinsfestlegung bei Neu- und Wiedervermietungen darf gemäss Mietrecht kein übersetzter Ertrag erzielt werden. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens darf der Mietzins frei festgelegt werden und folgt damit dem Grundsatz von Angebot und Nachfrage. Bei einem Angebotsüberhang werden Wohnungen günstiger, bei hoher Nachfrage teurer vermietet. Einen grossen Einfluss auf Angebot und Nachfrage hat die Bevölkerungsentwicklung und der Wohnungsbau.

Bevölkerungszunahme und Bau neuer Wohnungen, eigene Darstellung, Daten: BFS, Wüest Partner

In den vergangenen Jahren stieg die ständige Schweizer Wohnbevölkerung jedes Jahr um 60'000 bis 100'000 Personen. Mit dem Wechsel ukrainischer Flüchtlinge zur ständigen Wohnbevölkerung war der Anstieg mit knapp 147'000 Personen im Jahr 2023 überdurchschnittlich hoch. Damit erhöhte sich die ständige Schweizer Wohnbevölkerung jedes Jahr um durchschnittlich 84'000 Personen und damit auch die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum.

Auf der Angebotsseite gingen die Neubauinvestitionen seit 2017 um 10 Prozent zurück, was sich auf die Anzahl neuer Wohnungen auswirkte. 2023 wurden 4,2 Milliarden Franken weniger in den Neubau investiert als noch 2017. Wurden 2018 rund 53'000 neue Wohnungen gebaut, waren es 2023 noch rund 46'000 neue Wohnungen. Für 2024 wird sich dieser Trend weiter verschärfen, es werden rund 41'000 neue Wohnungen erwartet, 5'000 weniger als noch 2023.

Eine Studie der Universität Fribourg untersuchte 2023 den Einfluss der Zuwanderungen durch das 2002 in Kraft getretene Freizügigkeitsabkommen der Schweiz mit der Europäischen Union auf die Preisentwicklungen bei den Mietzinsen für den Zeitraum von 2002 bis 2016. Die Studienergebnisse zeigen, dass ein Anstieg der ausländischen Bevölkerung um 1 Prozent die Neumieten um 8 Prozent verteuert.

Die Preisentwicklung bei Neu- und Wiedervermietungen ist aber nicht nur abhängig von der Bevölkerungsentwicklung und dem Wohnungsbau. Auch die Haushaltsgrösse verändert die Nachfrage nach Wohnungen, je kleiner die Haushalte, desto mehr Wohnungen werden nachgefragt. Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur durch Scheidungen und Trennungen sowie die demografische Entwicklung aufgrund der Alterung der Bevölkerung reduzieren die durchschnittliche Haushaltsgrösse.

2.2 Bestehende Mietverhältnisse

Während bei Neu- und Wiedervermietungen die Mietparteien den Mietzins frei vereinbaren können, solange sich dieser im gesetzlich erlaubten Rahmen bewegt, sind Mietzinsanpassungen bei bestehenden Mietverhältnissen in der Regel nur bei wertvermehrenden Investitionen oder Kostenveränderungen (Referenzzinssatz, Teuerung, allgemeine Kostensteigerung) möglich.

Weil Kostenveränderungen in der ganzen Schweiz einheitlich gehandhabt werden, sollten sich Mieten in bestehenden Mietverhältnissen in allen Schweizer Regionen ähnlich entwickeln. In einer Studie für das BWO hat die ZKB analysiert, wie sich der Altbestandesmietindex in den einzelnen Regionen verändert hat. Während sich die Indizes Espace Mittelland, Nordwestschweiz, Zentralschweiz und Ostschweiz ähnlich dem Gesamtschweizerindex verhalten, gab es bei den Indizes der Genferseeregion und Zürich grössere Abweichungen.

Altbestandesmietindex nach Grossregionen, Darstellung aus: Eine Analyse der Entwicklungen der Altbestandesmieten im Kontext etablierter Mietpreisindizes, BWO, ZKB

In der Region Zürich sind die Mieten für nicht umgezogene Mieter bei den Referenzzinssatzsenkungen am stärksten zurückgegangen und bei den letzten beiden Referenzzinssatzerhöhungen am stärksten gestiegen. Diese Entwicklungen zeigen, dass in der Region Zürich Veränderungen beim Referenzzinssatz am häufigsten von den Mietern eingefordert bzw. von den Vermietern weitergegeben werden.

Ein anderes Bild zeigt die Genferseeregion, wo die Mieten seit 2006 um 7,5 Prozent angestiegen sind. Die im Rest der Schweiz deutlich sichtbaren Referenzzinssatzsenkungen seit 2009 sind hier nicht erkennbar. Gemäss den Studienautoren der ZKB ist es plausibel, dass die Struktur des Genfer Wohnungsmarktes mit häufigen Untermietverhältnissen eine Einforderung der mit dem Referenzzinssatz verbundenen Mietzinssenkungen unwahrscheinlich macht.

Die Erfahrungen in Genf zeigen die Nachteile, welche Untervermietungen für Mieter bringen. Einerseits bezahlen die Untermieter zu hohe Mieten, weil Mietzinssenkungen vom Untervermieter nicht eingefordert oder nicht an seinen Untermieter weitergegeben werden. Andererseits verfügt der Untermieter über einen schlechteren Kündigungsschutz als normale Mieter, zudem werden Untermieter häufig zum Abschluss eines befristeten Mietvertrags gezwungen.

Genf verfügt über die strengste Mietpreisregulierung aller Kantone, bereits 1983 wurde das Gesetz LTDR (Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d’habitation) eingeführt. Damit gilt unter anderem eine mehrjährige Mietpreiskontrolle nach grösseren Renovierungsarbeiten und eine weitreichende Genehmigungspflicht beim Abriss oder beim Verkauf von Eigentumswohnungen, wenn diese bereits vermietet waren. Trotz, oder vielleicht wegen diesen strengen Mietrechtsregulierungen, sind in Genf nicht nur die Altbestandesmieten überdurchschnittlich gestiegen, auch der Mietpreisindex ist stärker gestiegen als in allen anderen Städten. Im Zeitraum von 2010 bis 2022 sind die Mieten in Genf um 29 Prozent stärker gestiegen als im gesamtschweizerischen Durchschnitt.

Das Genfer LDTR hat auch Auswirkungen auf die Mietdauer, den Wohnungszustand und Sanierungen. In einer Analyse von Wüest Partner hatte Genf 2022/2023 nicht nur die höchsten Angebotsmieten, sondern auch die längste Mietdauer, den schlechtesten Wohnungszustand und die kleinste Wahrscheinlichkeit für eine Totalsanierung der Liegenschaft im Vergleich der fünf grössten Schweizer Städte.


3. Wohnungsangebot

Jedes Jahr berichten die Medien über wenig freie Wohnungen sowie rekordtiefe Leerwohnungsziffern und noch häufiger über hohe Mietzinsen bei Wohnungsinseraten. Ermöglicht die Leerwohnungsziffer eine zuverlässige Aussage über die Anzahl verfügbarer Wohnungen und bildet der Angebotsmietindex die tatsächlichen Mietzinsen bei Neuvermietungen ab? Diese Fragen werden mit Fakten zum Wohnungsangebot beantwortet.

In Kürze

  • Mit den vom BFS publizierten Leerwohnungen per 1. Juni und den daraus resultierenden Leerwohnungsziffern kann keine vernünftige Aussage zum verfügbaren Wohnungsangebot gemacht werden. Das zeigt exemplarisch die Stadt Zürich. Dort standen gemäss Leerwohnungszählung am 1. Juni 2023 144 Wohnungen leer, was einer Leerwohnungsziffer von 0,06 Prozent entspricht. Trotz diesen tiefen Werten erfolgten 43'206 Wohnungswechsel, 25-mal mehr als es gemäss der Leerwohnungszählung freie Wohnungen gab.
  • Auch der Angebotsmietindex gibt ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Mietzinsen bei neuen Mietverhältnissen, insbesondere wenn das Wohnungsangebot klein und die Nachfrage hoch ist. Weil die meisten Wohnungen ohne Ausschreibung im Internet weitervermietet werden, sieht man im Internet nur die Ladenhüter, meistens Wohnungen, die mit zu hohen Mietzinsen ausgeschrieben sind. Da nur die im Internet publizierten Mietzinsen in den Angebotsmietindex fliessen, steigt dieser in Zeiten von Wohnungsknappheit zu stark an und weist ein zu hohes Mietzinsniveau aus.

3.1 Leerwohnungsziffer

Das BFS veröffentlicht jedes Jahr die Anzahl der leerstehenden Wohnungen und berechnet daraus die Leerwohnungsziffer, welche den prozentualen Anteil der leerstehenden Wohnungen vom Gesamtwohnungsbestand am Stichtag 1. Juni darstellt. Bei einer Leerwohnungsziffer unter 1,5 Prozent spricht das BWO von Wohnungsmangel, viele Kantone erklären ab dieser Grenze die Verwendung vom Anfangsmietzinsformular für obligatorisch.

Werden die am 1. Juni in der Stadt Zürich leerstehenden Wohnungen auf ein ganzes Jahr hochgerechnet und den effektiv erfolgten Umzügen gegenübergestellt, gibt es eine grosse Diskrepanz. Seit 2000 gab es durchschnittlich 18-mal mehr Umzüge als leerstehende Wohnungen. Im Jahr 2023 lag die Leerwohnungsziffer in der Stadt Zürich bei 0,06 Prozent, 144 Wohnungen standen am 1. Juni 2023 leer. Multipliziert mit 12 Monaten gibt das einen Leerstand von 1'728 Wohnungen für das ganze 2023. Demgegenüber zählte die Stadt Zürich 43'206 Umzüge. Im Jahr 2023 gab es in der Stadt Zürich somit 25-mal mehr Umzüge als leerstehende Wohnungen.

Wohnungswechsel und Leerwohnungen Stadt Zürich, eigene Darstellung, Daten: BFS, Statistik Stadt Zürich

Diese Unterschiede zeigen die fehlende Aussagekraft der Leerwohnungsziffer, weil diese nur die leerstehenden Wohnungen per 1. Juni erfasst. Wird die Wohnung per 1. Juni nahtlos weitervermietet, erfolgt zwar ein Wohnungswechsel, dieser wird aber in der Leerwohnungsziffer nicht erfasst, weil die Wohnung nie leer stand. Die Stadt Zürich schreibt auf ihrer Webseite, dass in Zürich die allermeisten Wohnungen lückenlos einen Nachmieter finden. Bei den in der Leerwohnungsziffer enthaltenen Wohnungen handelt es sich oft um Wohnungen mit einem Mangel, etwa solche in schlechtem Zustand, an ungünstiger Lage, mit hohem Preis oder einer Befristung. Auch für Prof. Dr. Donato Scognamiglio, Verwaltungsratspräsident des Immobilienberatungsunternehmens IAZI, ist die Leerwohnungsziffer ein schlechter Indikator, um die Wohnungsknappheit zu messen, weil die Leerwohnungsziffer nur die Wohnungen beinhaltet, die keiner will.

3.2 Angebotsmietindex

Mit dem Mietpreisindex und Altbestandesmietindex werden die Mietzinsveränderungen bei laufenden Mietverhältnissen abgebildet. Neben diesen beiden Indizes wird auch der Angebotsmietindex publiziert. Der Angebotsmietindex soll darstellen, wie sich die Mietzinsen bei neu abgeschlossenen Mietverhältnissen entwickeln. Der Angebotsmietindex basiert auf den im Internet ausgeschriebenen Wohnungen und steht deswegen in Korrelation von Angebot und Nachfrage bei Mietwohnungen. Stehen viele Mietwohnungen leer, werden alle freien Wohnungen für längere Zeit im Internet publiziert. Ist die Nachfrage dagegen hoch und stehen nur wenige Wohnungen leer, werden diese häufig mittels Wartelisten oder Nachmietern weitervermietet, ohne dass die Wohnungen in den Immobilienportalen erscheinen. Im Internet werden damit nur die Wohnungen publiziert, welche niemand haben will, weil sie in einem schlechten Zustand oder viel zu teuer sind. Damit erscheinen im Angebotsmietindex überdurchschnittlich viele Wohnungen welches mit einem viel zu teuren Mietzins ausgeschrieben sind.

Veränderungen Angebotsmietindex und Leerwohnungsziffer Schweiz, eigene Darstellung, Daten: BFS, Wüest Partner

Die Leerwohnungsziffer und der Angebotsmietindex umfassen beide das gleiche Wohnungssegment, Wohnungen die keiner haben will. Dieser Zusammenhang zeigt sich, wenn man die Veränderungen beim Angebotsmietindex der Leerwohnungsziffer gegenüberstellt. Bei einer tiefen Leerwohnungsziffer steigt der Angebotsmietindex und umgekehrt geht der Angebotsmietindex bei einer hohen Leerwohnungsziffer zurück.

Für Immobilien-Ökonom Dr. Stefan Fahrländer, Gründer des Beratungs- und Forschungsunternehmens FPRE, hat der Angebotsmietindex immer weniger mit der Realität zu tun, weil heute nur noch die Ladenhüter im Internet erscheinen. Und wenn etwas Vernünftiges ausgeschrieben ist, heisst es «Preis auf Anfrage», womit das Inserat keine Messung zulässt. Werden die effektiv bezahlten Mieten bei institutionellen Vermietern gemessen, also auch Wohnungen die gar nie ausgeschrieben wurden, sind gemäss Stefan Fahrländer die Marktmieten in den vergangenen zehn Jahren schweizweit um 5,4 Prozent gestiegen. Damit zeigen die effektiv bezahlten Mietzinsen bei Wiedervermietungen einen tieferen Wert, als wenn nur die im Internet publizierten Wohnungen gemessen werden. Für die gleiche Dauer ergab der Angebotsmietindex von Homegate eine Steigerung von 15 Prozent.


4. Renditen bei Vermietungen

Die zulässige Rendite bei Wohnungsvermietungen wird durch das Mietrecht und die Rechtsprechung klar geregelt. Trotzdem wird Vermietern regelmässig vorgeworfen, dass sie ihre Wohnungen zu teuer vermieten und eine unzulässig hohe Rendite erzielen. Wie hoch sind die Renditen bei Mehrfamilienhäusern tatsächlich, wie haben sie sich in den letzten Jahren entwickelt und wo steht die Schweiz im europäischen Vergleich? Diese Fragen werden mit Fakten zu den Renditen bei Vermietungen beantwortet.

In Kürze

  • Obwohl sich die Nettoerträge jedes Jahr um durchschnittlich 0,7 Prozent erhöht haben, sind die Renditen bei Mehrfamilienhäusern in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Mit den gestiegenen Baukosten sowie den höheren Kaufpreisen für Bauland und Liegenschaften sind die Anlagekosten bei Mehrfamilienhäusern stark angestiegen. Das führte dazu, dass die Renditen von Mehrfamilienhäusern mehr als ein Drittel tiefer sind als noch 2010. Die Renditen liegen damit deutlich unter der mietrechtlich erlaubten Höhe.
  • Im europäischen Vergleich sind die in der Schweiz erzielten Renditen bei der Vermietung von Wohnungen sehr tief. Die Schweiz hat die zweittiefste Rendite aller europäischen Länder, die Rendite liegt rund zwei Prozentpunkte unter dem europäischen Durchschnitt und tiefer als in allen Nachbarländern.

4.1 Entwicklung der Renditen

Gemäss Mietrecht sind Mietzinse missbräuchlich, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird. Wie hoch die zulässige Rendite sein darf, hat das Bundesgericht im Urteil 4A_554/2019 vom 26. Oktober 2020 präzisiert. Als zulässig, und damit nicht missbräuchlich, gilt ein Ertrag, der 2 Prozentpunkte über dem Referenzzinssatz liegt, solange dieser Referenzzinssatz 2 Prozent oder weniger beträgt. Beim aktuell gültigen Referenzzinssatz von 1,75 Prozent ist damit eine Nettorendite von 3,75 Prozent gemäss Bundesgericht zulässig.

In früheren Rechtsprechungen vom Bundesgericht zur zulässigen Bruttorendite wurden die Unterhalts-, Betriebs- und Verwaltungskosten pauschalisiert mit 1,5 Prozent der Anlagekosten berücksichtigt. Damit liegt die zulässige Bruttorendite 1,5 Prozent über der zulässigen Nettorendite und damit gesamthaft 3,5 Prozent über dem Referenzzinssatz. Beim aktuellen Referenzzinssatz von 1,75 Prozent gilt eine Bruttorendite von 5,25 Prozent als nicht missbräuchlich.

Nettoerträge und Cashflowrenditen von Mehrfamilienhäusern, eigene Darstellung, Daten: FPRE

Obwohl die Nettoerträge bei Mehrfamilienhäusern seit 2010 um 8,7 Prozent gestiegen sind, sank die Cashflowrendite von 4,62 Prozent auf 2,89 Prozent im Jahr 2023. Zur Berechnung der Cashflowrendite wird der Nettoertrag durch den Marktwert der Liegenschaft geteilt. Seit 2010 haben sich die Anlagekosten stark erhöht, die Baukosten um knapp 20 Prozent, die Preise für Bauland haben sich mehr als verdoppelt und die Kaufpreise für Mehrfamilienhäuser sind bis 2023 um 51 Prozent gestiegen. Aus diesen Gründen ging die durchschnittliche Cashflowrendite, trotz höheren Mieterträgen, kontinuierlich zurück.

Entwicklung 2010 – 2023Durchschnittliche Veränderung pro Jahr
Nettoertrag Vermietung+8,7 %+0,7 %
Baukosten MFH Neubau+18,7 %+1,4 %
Kaufpreis MFH+51,0 %+3,9 %
Kaufpreis Bauland MFH+114,2 %+8,8 %
Entwicklungen Erträge und Kosten Mehrfamilienhäuser, eigene Darstellung, Daten: BFS, FPRE

4.2 Renditen im europäischen Vergleich

Die durchschnittliche Rendite bei der Vermietung von Wohnungen liegt in Europa bei 5,12 Prozent. Wenn aus aktuellen Immobilienpreisen und Mietangeboten von drei 3 bis 8 grösseren Städten des Landes die Mietrendite berechnet wird, liegt diese in Irland und Lettland mit über 8 Prozent am höchsten. Mit weniger als 3 Prozent hat Luxemburg die tiefste Rendite aller europäischen Länder.

Bruttorenditen Wohnungsvermietungen in Europa, September 2024, eigene Darstellung, Daten: Global Property Guide

Mit einer Rendite von 3,05 Prozent belegt die Schweiz den zweitletzten Platz und hat eine tiefere Rendite bei der Vermietung von Mietwohnungen als alle umliegenden Länder. Italien hat eine Rendite von 7,04 Prozent und liegt damit auf dem dritten Platz, Frankreich liegt mit 4,52 Prozent im europäischen Mittelfeld. In Deutschland mit 3,67 sowie Österreich mit 3,59 Prozent wird eine um rund 0,5 Prozentpunkte höhere Rendite erzielt als in der Schweiz.


5. Genossenschaften

Viele Städte und Gemeinden fördern den Bau von kostengünstigen Wohnungen und geben dafür Bauland zu stark vergünstigten Preisen an Genossenschaften ab. Welchen Einfluss hat dieses vergünstigte Bauland auf die Mietzinsen und wie unterscheiden sich Privatvermieter und Genossenschaften bei Mietzinserhöhungen? Diese Fragen werden mit Fakten zu Genossenschaftswohnungen beantwortet.

In Kürze

  • Erhalten Genossenschaften Bauland zu vergünstigten Konditionen, reduzieren sich die Anlagekosten und die Wohnungen können günstiger vermietet werden, bei gleicher Rendite. Je nach Vergünstigung beim Bauland können Genossenschaften ihre Wohnungen bis zu einem Viertel günstiger vermieten als wenn die Mietzinse auf einem marktüblichen Baulandpreis basieren, bei gleicher Rendite. Berücksichtigt man, dass Genossenschaften neuere Wohnungen durchschnittlich 12 Prozent günstiger vermieten, liegen die Einsparungen dank günstigem Bauland in einem ähnlichen Bereich.
  • Bei der Mietzinsentwicklung bei bestehenden Mietverhältnissen kann zwischen «normalen» Mieten und Kostenmiete unterschieden werden, wobei die Kostenmiete primär bei Genossenschaften zur Anwendung kommt. Betrachtet man die Mietzinsentwicklungen seit 2011, stiegen die «normalen» Mieten zwischen 0,2 bis 1,1 Prozent viel weniger stark wie die Mieten bei Genossenschaften, welche im gleichen Zeitraum um 2,5 Prozent stiegen.
  • Diese Zahlen zeigen, dass Genossenschaftswohnungen, dank Vergünstigungen beim Bauland, bei Erstvermietungen einen günstigeren Mietzins haben.
  • Während der Mietdauer bedeutet die Kostenmiete ein Risiko für die Mieter, welches in den vergangenen Jahren mit stärkeren Mietzinserhöhungen sichtbar wurde.

5.1 Bauland für Genossenschaften

Wenn Gemeinden oder Städte Bauland an Baugenossenschaften verkaufen oder im Baurecht abgeben, wird dafür häufig ein tieferer Wert eingesetzt als der effektive Baulandwert. Zum Beispiel wurde in der Stadt Frauenfeld ein städtisches Grundstück für 46 Prozent vom Marktwert an die Genossenschaft Alterssiedlung Frauenfeld verkauft. In der Stadt Zürich erhielt die Genossenschaft Stiftung Alterswohnungen an der Seefeldstrasse ein Grundstück im Baurecht rund 23 Prozent unter dem vom Stadtrat selbst geschätzten Verkehrswert. Ebenfalls in Zürich wurde ein grosses Grundstück an einem Sonnenhang von Wipkingen aufgeteilt und im Baurecht abgegeben. Ein privater Investor bezahlte für seinen Teil 3'616 Franken pro Quadratmeter, die Baugenossenschaft des eidgenössischen Personals bekam den Quadratmeter für 648 Franken. Die Genossenschaft bezahlt damit nur 18 Prozent des Preises des privaten Investors.

Bei der Neuvermietung eines Mehrfamilienhauses darf die Bruttorendite nicht höher sein als 3,5 Prozentpunkte über dem Referenzzinsatz, bei einem aktuellen Referenzzinssatz von 1,75 Prozentpunkten beträgt die zulässige Bruttorendite demnach 5,25 Prozent. Neben der maximalen Mietzinsobergrenze gemäss Mietrecht muss bei der Mietzinskalkulation auch der Wohnungsmarkt berücksichtigt werden. Werden die Wohnungen zu teuer ausgeschrieben, wird kein Mieter einen Mietvertrag abschliessen und die Wohnungen können nicht zu diesem Mietzins vermietet werden.

Wie sich vergünstigtes Bauland auf die Mietzinsen auswirken, kann an einem aktuell geplanten Mehrfamilienhaus in Winterthur aufgezeigt werden. Bei diesem Mehrfamilienhaus werden eine 4 ½-, sechs 3 ½- und drei 2 ½-Zimmerwohnungen sowie 11 Einstellplätze in der Tiefgarage vermietet. Die Landkosten machen dabei rund einen Drittel der Anlagekosten aus.

VariantenLandkosten
BKP 0
Baukosten
BKP 1-5
AnlagekostenMietzins
3x 2 ½-Zi-Whg
Mietzins
6x 3 ½-Zi-Whg
Mietzins
1x 4 ½-Zi-Whg
Mietzins
11 Einstell-plätze
Brutto-rendite
Zulässige Rendite2’200’0004’700’0006'900’0002’0603’0193’6942005,75%
Kalkulation Investor2’200’0004’700’0006'900’0001’5502’2702’7701603,97%
Land 75%
BR 5,25%
1'650’0004'700’0006’350’0001’8962’7783’3991845,75%
Land 50%
BR 5,25%
1'100’0004'700’0005'800’0001’7322’5383’1051685,75%
Land 25%
BR 5,25%
550’0004'700’0005'250’0001’5672’2972’8101525,75%
Land 75%
BR 3,97%
1'650’0004'700’0006’350’0001’4342’1012’5711393,97%
Land 50%
BR 3,97%
1'100’0004'700’0005'800’0001’3091’9192’3481273,97%
Land 25%
BR 3,97%
550’0004'700’0005'250’0001’1851’7372’1251153,97%
Kosten und Mietzinskalkulationen Mehrfamilienhaus in Winterthur, eigene Darstellung

Mit den Landkosten von 2,2 Mio. Franken und den Baukosten von 4,7 Mio. Franken ergeben sich Anlagekosten von 6,9 Mio. Franken für das Mehrfamilienhaus. Mit der zulässigen Bruttorendite von 5,25 Prozent resultieren damit Mietzinse, die deutlich über dem Marktniveau liegen und damit nicht realisiert werden können. Wird das Projekt mit den im Markt erzielbaren Mieten kalkuliert, ergibt sich für das gesamte Projekt eine Bruttorendite von 3,97 Prozent.

Auswirkungen von vergünstigtem Bauland auf Mietzinsen, eigene Darstellung

Wird das Bauland zu einem vergünstigten Preis verkauft oder im Baurecht abgegeben, reduzieren sich die Anlagekosten und damit die resultierenden Mietzinsen. Wird das Bauland zu 75 Prozent des Marktwerts abgegeben, können die Wohnungen 7 Prozent günstiger vermietet werden, bei gleichbleibender Rendite. Bei einer Reduktion von 50 Prozent für das Bauland reduzieren sich die Mieten um 15 Prozent. Wenn das Bauland für nur 25 Prozent des Marktwerts abgegeben wird, können die Wohnungen sogar um 23 Prozent günstiger vermietet werden, bei weiterhin gleichbleibender Rendite. Die gleiche Wirkung haben Abschreibungsbeiträge von Städten und Gemeinden bei teuer eingekauften Liegenschaften. Wie beim vergünstigten Bauland reduzieren sich damit die Anlagekosten und demzufolge auch die erforderliche Mietzinshöhe zum Erzielen der gleichen Rendite.

Für eine Studie vom BWO zum gemeinnützigen Wohnen hat die Forschungsstelle Sotomo analysiert, wie sich Mietzinsen von Mietwohnungen und Genossenschaftswohnungen unterscheiden. Im Durchschnitt sind die Mietzinsen bei neugebauten Genossenschaftswohnungen rund 12 Prozent günstiger als bei Mietwohnungen gleicher Qualität. Während die Differenzen in den Grossstädten höher sind, unterscheiden sich die Mieten auf dem Land kaum. Ein Grund für die Preisunterschiede, welcher primär in den Städten erkennbar ist, können Vergünstigungen beim Bauland sein, welche Städte den Genossenschaften gewähren. Dank dem vergünstigten Bauland resultieren beim analysierten Mehrfamilienhaus in Winterthur 7 bis 23 Prozent günstigere Mietzinsen als wenn beim Bauland der Marktwert eingesetzt wird.

5.2 Mietzinserhöhungen Private und Genossenschaften

Bei der Mietzinsfestlegung bei Neuvermietungen ist primär die entsprechende Rendite massgebend und damit die Anlagekosten. Deswegen ist der Mietzins bei Neuvermietungen auch abhängig von den bezahlten Baulandpreisen und damit von erhaltenen Vergünstigungen beim Kauf oder beim Baurechtszins. Bei bestehenden Mietverhältnissen kann der Mietzins dagegen nur bei Kostenveränderungen angepasst werden, was in der Regel bei einer Veränderung des Referenzzinssatzes gemacht wird.

In einer Studie für das BWO hat die ZKB analysiert, wie sich bestehende Mieten bei den unterschiedlichen Eigentümertypen seit 2011 verändert haben.

Altbestandesmietindex nach Eigentümertyp, Darstellung aus: Eine Analyse der Entwicklungen der Altbestandesmieten im Kontext etablierter Mietpreisindizes, BWO, ZKB

Die Analyse zeigt, dass sich die Mietzinsentwicklungen je nach Eigentümer der Mietwohnung unterscheiden. In Wohnungen von Pensionskassen, Versicherungen und Fonds, sind die Mieten ohne Mieterwechsel seit 2011 um lediglich rund 0,2 Prozent gestiegen.

Bei Privatvermietern bezahlen Bestandesmieter im Jahr 2023 rund 1,1 Prozent mehr als bei Einzug im Jahr 2011. Hier scheinen Mieter häufiger auf das Einfordern von Mietsenkungen nach Senkungen des Referenzzinssatzes verzichtet zu haben. Auf der anderen Seite fällt der Anstieg der Mieten im Jahr 2023 am wenigsten ins Gewicht. Diese Resultate deuten gemäss der Studienautoren darauf hin, dass das persönliche Mietverhältnis bei privaten Vermietern davon abhält, Änderungen des Mietzinses durchzusetzen.

Stärker angestiegen als bei institutionellen und privaten Vermietern sind die Bestandesmieten hingegen mit 2,5 Prozent bei genossenschaftlichen Eigentümern. Die Mieten von Genossenschaften richten sich nach den Kosten. Solange Zinsen und Teuerung tief blieben, haben sich die Mieten bei Genossenschaftswohnungen wenig verändert. Bei der Mietzinsformel für Genossenschaften spielen zwei Faktoren eine Rolle, der Gebäudeversicherungswert und die Finanzierungskosten. Weil beide Faktoren massiv gestiegen sind, haben sich auch die Mieten bei Genossenschaftswohnungen stark verteuert. Im Kanton Zürich gab es Mietzinserhöhungen bei Genossenschaften bis 30 Prozent, mit dem Segen der Behörden. Gemäss Immobilienökonom Urs Hausmann kommen jetzt systembedingte Schwächen des Kostenmodells ans Licht.

6. Schlussfolgerungen zu Mietwohnungen, Mietzinsen und Genossenschaften

Fakten bestätigen das Sorgenbarometer nicht – Mietzinsen sind nicht stärker gestiegen

Im Gegensatz zum Sorgenbarometer, welches die Mietzinsentwicklungen als die zweitgrösste Sorge bezeichnet, zeigen die Fakten ein anderes Bild. In den letzten Jahren sind die Mietzinsen weniger stark gestiegen als andere Kosten, pro Jahr um rund ein Prozent. Bei bestehenden Mietverhältnissen wurden die Mietzinsen real sogar günstiger. Der Anteil der Mietzinsen am Einkommen ist seit Jahren stabil, wobei langjährige Mieter einen immer kleineren Teil vom Lohn für die Miete bezahlen müssen.

Bevölkerungswachstum und Wohnraummangel treiben Mieten – und nicht Renditeanstrengungen

Die Hauptgründe für steigende Mieten liegen im Bevölkerungswachstum, dem rückläufigen Wohnungsbau und der Reduktion der Haushaltsgrösse. Eine Studie der Universität Fribourg ergab, dass ein Anstieg der ausländischen Bevölkerung um 1 Prozent die Neumieten um 8 Prozent erhöht. Aber auch Mietpreisregulierungen führen zu höheren Mietzinsen ausserhalb der regulierten Wohnungen. Kein Treiber für steigende Mietzinsen sind Ertragsoptimierungen bei Vermietern. Die Renditen bei Mehrfamilienhäusern gehen kontinuierlich zurück und die Schweiz hat im europäischen Vergleich die zweittiefsten Renditen.

Leerstandsziffer und Angebotsmietindex: Keine Aussagekraft

Bei Leerstandsziffer und Angebotsmietindex werden jeweils nur ein kleiner Teil der verfügbaren Mietwohnungen betrachtet und aus diesem Grund bilden diese Werte die Realität nicht korrekt ab. In der Stadt Zürich gab es 25-mal mehr Wohnungswechsel als gemäss Leerwohnungsziffer zu erwarten war. Damit stellt sich die Frage, ob die Leerwohnungsziffer die richtige Kenngrösse ist, um den Mietwohnungsmarkt zu beurteilen und über die Formularpflicht beim Anfangsmietzins zu entscheiden. Ein verzerrtes Bild zeigt auch der Angebotsmietindex. In Zeiten von wenig freien Wohnungen wird für viele Mietwohnungen vom Mieter ein Nachmieter gestellt oder die Verwaltung nimmt jemanden aus der Warteliste. In diesen Fällen wird die Wohnung nicht ausgeschrieben. Weil für den Angebotsmietindex nur die ausgeschriebenen Wohnungen erfasst werden, und damit diejenigen, welche oft einen zu hohen Mietzins aufweisen, gibt der Angebotsmietindex ein falsches Bild vom Mietzinsniveau bei neu abgeschlossenen Mietverträgen.

Vergünstigtes Bauland: Genossenschaften profitieren, Mieten steigen aber stärker

Viele Städte wollen den Anteil der Genossenschaftswohnungen erhöhen und stellen Genossenschaften deswegen Bauland zu stark vergünstigen Konditionen zur Verfügung. Dank diesem vergünstigten Bauland reduzieren sich die Anlagekosten und Genossenschaftswohnungen können bis zu einem Viertel günstiger vermietet werden bei gleichbleibender Rendite. Genossenschaften können somit ihre Wohnungen auch dank vergünstigtem Bauland durchschnittlich 12 Prozent günstiger vermieten. Während der Mietdauer zeigt sich ein anderes Bild, dort gab es bei Genossenschaftswohnungen stärkere Mietzinserhöhungen als bei institutionellen oder privaten Vermietern.

Autor

Ralph Bauert

Geschäftsführer Hauseigentümerverband Region Winterthur, dipl. Architekt FH, Executive MBA FH, eidg. dipl. Immobilien-Treuhänder

Quellen

Ralph Bauert, Geschäftsführer HEV Region Winterthur

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