Wird mit der Vermietung kein übersetzter Ertrag erzielt, muss der Mietzins trotz gesunkenem Referenzzinssatz nicht reduziert werden. Bei neueren Mehrfamilienhäusern, sowie bei vermieteten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen, liegt die Rendite oft unter der mietrechtlich zulässigen Höhe und der Mietzins muss nicht reduziert werden.
Renditen bei Mehrfamilienhäusern
Bei neu erstellten Mehrfamilienhäusern gingen die Bruttorenditen seit der Jahrtausendwende kontinuierlich zurück, wie die jährliche Umfrage bei 500 bis 1000 Immobilienexperten ergab. Mit einem Rückgang von 6,5 Prozent im Jahr 2001 auf aktuell durchschnittlich 3,5 Prozent hat sich die Rendite beinahe halbiert.

Stellt man der erzielten Bruttorendite die mietrechtlich zulässige Rendite gegenüber, welche 3,5 Prozent über dem Referenzzinssatz betragen darf, lag die Bruttorendite seit 2008 jedes unter der mietrechtlich erlaubten Rendite. Im Durchschnitt war die Bruttorendite 1,14 Prozent unter der zulässigen Rendite, im Jahr 2024 betrug die Differenz 1,75 Prozent.
Renditen bei Einfamilienhäusern
Wird ein durchschnittliches Einfamilienhaus (Baujahr 2015, Grundstücksfläche 500 m2, Kubatur 800 m3, 6 ½-Zimmer, durchschnittlicher Ausbau, guter Zustand, gute Lage), vermietet liegen die Renditen deutlich unter der mietrechtlich zulässigen Höhe. Gesamtschweizerisch liegen die Nettorenditen bei 1,72 Prozent (zulässig 3,5 %) und die Bruttorenditen bei 2,74 Prozent (zulässig 5 %).

Auch in vorherigen Jahren lagen die Renditen deutlich unter der mietrechtlichen Maximalrendite. Wurde ein Einfamilienhaus in Pfäffikon ZH zum Marktwert gekauft und vermietet, betragen die Bruttorenditen seit 2016 durchschnittlich 2,71 Prozent und die Nettorenditen 1,66 Prozent.
Wenn das gleiche Einfamilienhaus 2016 gekauft und vermietet wurde, resultierte bei Mietbeginn eine Bruttorendite von 2,73 Prozent. Erfolgte kein Mieterwechsel und wurden alle Mietzinsanpassungen korrekt weitergegeben, beträgt die aktuelle Bruttorendite 2,66 Prozent. Damit wird aus dem aktuellen Mietzins kein übersetzter Ertrag erzielt und der Mietzins muss trotz sinkendem Referenzzinssatz nicht reduziert werden.
Renditen bei Eigentumswohnungen
Auch bei vermieteten Eigentumswohnungen liegen die Renditen deutlich unter der mietrechtlich erlaubten Obergrenzen. Bei der Vermietung einer durchschnittlichen Eigentumswohnung (Baujahr 2015, Wohnfläche 80 m2, 3 Zimmer, Balkon 10 m2, durchschnittlicher Ausbau, guter Zustand, gute Lage) liegen gesamtschweizerisch die Nettorenditen bei 1,59 Prozent und die Bruttorenditen bei 2,69 Prozent.
Nimmt man die konkreten Marktwerte in Winterthur zeigen sich die tiefen Renditen. Aktuell bezahlt man für diese Eigentumswohnungen eine Million Franken und kann die Wohnung für rund 2000 Franken vermieten. Die Bruttorendite beträgt damit 2,4 Prozent, erlaubt wären 5 Prozent was eine Monatsmiete von mehr als 4’000 Franken bedeutet.
Wurde diese Eigentumswohnung 2016 für 700'000 Franken gekauft und zur damaligen Marktmiete von 1'725 Franken vermietet liegt die heutige Nettorendite bei 2,27 Prozent (zulässig 3,5 %) und die Bruttorendite bei 2,88 Prozent (zulässig 5 %), wenn dem Mieter alle Mietzinsanpassungen infolge Referenzzinssatz weitergegen wurden.
Mietzinsanpassungen und Rendite
Im Artikel 269 OR regelt das Mietrecht, dass Mietzinse missbräuchlich sind, wenn daraus ein übersetzter Ertrag erzielt wird. Gemäss Bundesgericht ist ein Mietzins zu hoch, wenn bei neueren Liegenschaften die Bruttorendite mehr als 3,5 Prozent und bei älteren Liegenschaften die Nettorendite mehr als 2 Prozent über dem Referenzzinssatz liegen.
Mit dem am 3. März 2025 auf 1,5 Prozent gesenkten Referenzzinssatz darf somit eine Nettorendite von 3,5 Prozent bzw. eine Bruttorendite von 5 Prozent erzielt werden. Liegt die effektiv erzielte Rendite darunter, muss der Vermieter den Mietzins trotz gesunkenem Referenzzinssatz nicht reduzieren.
Wird eine Liegenschaft mit laufendem Mietverhältnis erworben oder im Rahmen einer Erbteilung übertragen, kann der neue Eigentümer den Mietzins gestützt auf den Erwerbspreis erhöhen, soweit dieser nicht offensichtlich übersetzt war. Dabei gilt auch der Grundsatz, dass aus der Vermietung kein übersetzter Ertrag erzielt werden darf.
Einschätzungen zur aktuellen Situation für Mietzinsanpassungen
Bei neu erstellten Mehrfamilienhäusern liegt die aktuelle Bruttorendite durchschnittlich bei 3,5 Prozent und damit 1,5 Prozentpunkte unter der zulässigen Rendite bei einem Referenzzinssatz von 1,5 Prozent. Damit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass zumindest bei neueren oder neu erworbenen Mehrfamilienhäusern kein Anspruch auf eine Mietzinsreduktion aufgrund des gesunkenen Referenzzinssatzes besteht, bei dieser und auch bei allfälligen weiteren Senkungen.
Bei vermieteten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen resultieren in der Regel tiefere Renditen als bei Mehrfamilienhäusern. Damit werden auch bei älteren Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen die Renditen deutlich unter der mietrechtlich zulässigen Grösse liegen. Ein Mietzinssenkungsbegehren des Mieters wegen eines gesunkenen Referenzzinssatzes kann damit häufig durch den Einwand abgelehnt werden, dass mit dem aktuellen Mietzins kein übersetzter Ertrag erzielt wird. Aufgrund der tiefen Rendite bei der Vermietung von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen kann der Einwand der ungenügenden Rendite auch bei weiteren Senkungen des Referenzzinssatzes häufig gerechtfertigt sein.
Für Liegenschaftskäufer, welche ein laufendes Mietverhältnis übernehmen, resultiert insbesondere bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen in viele Fällen mit dem hohen Kaufpreis und dem bestehenden Mietzins eine Rendite unter der mietrechtlichen Obergrenze. Das berechtigt den neuen Eigentümer zu einer Mietzinserhöhung, auch wenn der Referenzzinssatz unverändert bleibt oder sogar gesenkt wird.
Ralph Bauert ist dipl. Architekt FH, eidg. dipl. Immobilien-Treuhänder, Executive MBA FH. Er ist Geschäftsführer des HEV Region Winterthur und Mietrichter am Mietgericht.
Weitere Fakten, Informationen und Grafiken zu Immobilienrenditen gibt es im ausführlichen Artikel «Fakten zu Immobilienrenditen, Referenzzinssatz und Mietzinsanpassungen»: www.hev-winterthur.ch/fakten-mietrendite/
Ralph Bauert hat die Fakten zu Immobilienrenditen und Referenzzinssatz analysiert und die Ergebnisse in einem ausführlichen Artikel festgehalten. Der Real Estate Report berichtet In der Ausgabe 57 vom 12. März 2025 über die Analyse.