Im Alter nimmt die Sehleistung ab – nicht nur bedingt durch Augenkrankheiten, sondern auch durch Veränderungen des Auges, die das Alter unweigerlich zur Folge hat. Umso mehr ist auf eine optimale Beleuchtung in Alterswohnungen zu achten.
Soziale Beziehungen, eine ambulante Gesundheitsversorgung und altersgerechte Wohnungen – diese drei Voraussetzungen ermöglichen es älteren Menschen, selbst mit körperlichen Einschränkungen lange und selbstständig zu Hause zu wohnen. «Doch in Wohnungen stellen häufig bereits kleine Hürden grosse Hindernisse dar», weiss Felix Bohn, diplomierter Architekt, Ergotherapeut, Lichtdesigner, Gerontologe und Autor der Planungsrichtlinie «Altersgerechte Wohnbauten».
Unter anderem erschwert eine schlechte Beleuchtung die Orientierung im Raum, insbesondere bei Seheinschränkungen, die im Alter unweigerlich auftreten. Als erstes macht sich in der Regel die Altersweitsichtigkeit oder Alterssichtigkeit bemerkbar, und zwar bereits ab dem 45. Lebensjahr. Im Verlauf des Lebens kommen weitere Veränderungen des Auges hinzu – sie haben keinen Krankheitscharakter, beeinträchtigen eine optimale Sehleistung aber zunehmend.
Meist erfolgt dieser Prozess unbemerkt, weil sich das Auge langsam verändert. Beispiele natürlicher Veränderungen des alternden Auges sind ein vermehrter Lichtbedarf und eine zunehmende Blendempfindlichkeit. Das Auge kann sich weniger schnell als früher an Hell-Dunkel-Unterschiede anpassen, was die Unfallgefahr beim Betreten eines Hauses an einem hellen Sommertag erhöht. Die Wahrnehmung von Kontrasten verschlechtert sich und Farbtöne im Blau-Violett-Spektrum können aufgrund einer zunehmenden Gelbtrübung der Augenlinse nicht mehr so gut unterschieden werden.
«Nebst solch natürlichen Veränderungen des Auges können zahlreiche Augenkrankheiten hinzukommen, die zu spezifischen Sehbehinderungen führen. Dann wird die Beleuchtung zu einer besonderen Herausforderung, und es lohnt sich, eine Beratungsstelle für sehbehinderte Menschen beizuziehen», betont Felix Bohn und erläutert, worauf in Alterswohnungen in Bezug auf die Beleuchtung grundsätzlich zu achten ist.
Tipps für eine optimale Lichtplanung in Alterswohnungen
Blendung vermeiden
Ältere Menschen benötigen für die gleiche Sehaufgabe mehr Licht als jüngere. Gleichzeitig reagieren sie empfindlicher auf Blendungen, sodass grosse Helligkeitsunterschiede und der ungeschützte Blick auf Leuchtmittel zu vermeiden sind. «Als Grundbeleuchtung eignen sich deshalb Leuchten mit einem hohen Indirektanteil, ergänzt mit punktuellen Arbeitsleuchten – etwa am Schreibtisch oder zum Lesen», rät Felix Bohn. Weist die Grundbeleuchtung direktes Licht auf, so sind grossflächige Leuchten vorzusehen, da diese weniger blenden. Grundsätzlich ist bei der Wahl moderner LED-Leuchten und LED-Leuchtmittel immer darauf zu achten, dass die einzelnen Leuchtdioden nicht als hell strahlende Lichtpunkte sichtbar sind. Entsprechende Leuchten haben eine Mattglas- oder Mikroprismen-Abdeckung, welche das Licht streut.
Gleichmässige Lichtverteilung
«Je gleichmässiger die Lichtverteilung in einem Raum, umso weniger muss sich das Auge an sich ändernde Beleuchtungsstärken anpassen», betont Felix Bohn ausserdem. Helligkeitsunterschiede können ermüden und das Wohlbefinden stören. Nebst der Gleichmässigkeit der Lichtverteilung spielt auch die Lichtfarbe eine Rolle, die von Warmweiss bis Kaltweiss ein grosses Spektrum aufweist. Welche Lichtfarbe sich für welche Anwendung eignet, muss im gemeinsamen Gespräch geklärt werden. Felix Bohn empfiehlt, Musterbeleuchtungen über mehrere Tage zu testen.
Flexible Installationen
Die Raumbeleuchtung sollte dimmbar sein und die Zuleitungen bereits dazu ausgerichtet sein. Empfehlenswert sind Taster wie Wippschalter, die sich im Ein-/Aus-Zustand unterscheiden. Ausserdem sollte der Sicherungskasten ohne Steighilfe erreichbar sein (Oberkante oberstes Bedienungselement max. 1,10 Meter). Um falls nötig und erwünscht dereinst Smart-Home-Techniken zu implementieren, sind in den wichtigsten Räumen zudem Medienanschlüsse und generell genügend Leerrohre einzuplanen.
Kontraste erhöhen Orientierung
Stehen räumliche Elemente in einem visuellen Kontrast zur Umgebung, erleichtert das die Wahrnehmung und Orientierung im Raum, das gilt für Türen, Türgriffe, Lichtschalter und das Mobiliar, aber auch für Bodenbeläge und Handläufe. Auch sie sollten einen eindeutig wahrnehmbaren Hell-Dunkel-Kontrast aufweisen und Gefahrenstellen wie Treppenstufen sollten kontrastreich markiert werden.
Denn insbesondere auf Treppen ereignen sich besonders viele Unfälle. Nebst ungeeigneten Trittverhältnissen, rutschigen Bodenbelägen, fehlenden Handläufen oder Geländer, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, sind auch ungenügende Kontraste oder eine schlechte Beleuchtung häufige Ursachen für Unfälle auf Treppen.
Unifarbene Bodenbeläge
Bei Bodenbelägen gilt: «Muster verwirren und vermindern die Möglichkeit, Stolpergefahren auf dem Boden zu erkennen. Bodenbeläge sollten deshalb einfarbig sein oder lediglich kontrastarme Musterungen aufweisen, ausserdem matt und nicht glänzend ausgeführt sein. Ansonsten sind Reflexionen möglich, welche die Orientierung ebenfalls erschweren. Hinzu kommt, dass glänzende Oberflächen in der Regel rutschiger sind», so Felix Bohn.
Ausreichender Sonnenschutz
Die Blendempfindlichkeit nimmt im Alter zu, entsprechend wichtig ist der Sonnenschutz. «Ausstellstoren aus Stoff schützen vor direkter Sonnenstrahlung, leiten je nach Stoffqualität und -farbe trotzdem genügend Licht in den Raum und erlauben es dank Ausstellfunktion, die Aussicht zu geniessen», so der Experte. Er rät von Lamellenstoren ab, die je nach Sonnenstand verwirrende Muster auf den Boden zeichnen. Die Storen sollten ausserdem motorisiert, einfach bedienbar und aussenseitig angebracht sein, um das Aufheizen eines Raums zu verhindern. Eventuell ist die Kombination mit Verdunklungsvorhängen im Innenbereich sinnvoll.
Und zum Schluss noch dies
«Für altersgerechte Wohnbauten sind also nebst den allgemeinen Grundsätzen einer generell hindernisfreien Wohnplanung auch viele kleine Details zu berücksichtigen. Deshalb sind detaillierte Planungsrichtlinien für altersgerechte Bauten besonders wichtig», betont Felix Bohn abschliessend. Und was im Alter diene, sei zunehmend auch für jüngere Menschen und junge Familien attraktiv, weil eine altersgerechte Detailplanung generell mehr Komfort und Flexibilität bedeutet.
Quelle: Altersgerechte Wohnbauten. Planungsrichtlinien. Der Schweizer Planungsstandard. Felix Bohn, dipl. Architekt ETH, dipl. Ergotherapeut HF, zert. Lichtdesigner SLG, zert. Gerontologe INAG. Herausgeberin und Bezugsquelle: Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen. 2014, www.hindernisfrei-bauen.ch