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Abstimmungen vom 24.11.2024:

Informationen und Empfehlungen

Mehrwertabschöpfung

Datum

Eigentlich wäre die Raumplanung da, um Zielkonflikte zu lösen. Widersprüchliche gesetzliche Regelungen verhindern dies nicht nur, sie schaffen gar neue Zielkonflikte. Ohne Zweifel gehört dazu auch die Gegenläufigkeit von Verdichtung und Mehrwertausgleich. Für letzteren hat der Zürcher Regierungsrat dem Parlament eine Gesetzesvorlage übermittelt, welche kontroverse Reaktionen ausgelöst hat. Den einen ist die Abschöpfungsquote zu tief, die andern wollen gar keine.

Die Mehrwertabschöpfung war 1976 ein wesentlicher Grund für das Scheitern des ersten eidgenössischen Raumplanungsgesetzes. Es hatte zwar 1974 das Parlament passiert, wurde aber in einer Referendumsabstimmung verworfen. Ohne Mehrwertabschöpfung und ohne andere bodenrechtliche Eingriffe wie Zonenexpropriation bei Baulandhortung wurde 1979 das Raumplanungsgesetz angenommen. Das 1980 in Kraft tretende Gesetz wies die Kantone an, die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für einen angemessenen Ausgleich für erhebliche Vor- und Nachteile, die durch Planungen entstehen, zu schaffen. Anders als etwa im Kanton Baselland folgte der Kanton Zürich diesem Ansinnen nicht. Seit 2012 ist im revidierten Raumplanungsgesetz verbindliche Frist bis zum 30.April 2019 gesetzt, einen Mehrwertausgleich im kantonalen Recht einzuführen.

Nach Art. 5 Abs. 1bis des Bundesgesetzes muss ein Mehrwertausgleich zwingend bei Einzonungen gefordert werden. Die Höhe der Abgabe muss mindestens 20% betragen. Berechnet wird sie auf der Differenz des Landwertes vor der Planungsmassnahme und dem Wert danach.

Kommunale Mehrwertabgabe verhindert Verdichtung

Der Kanton Zürich hat in seinem Richtplan, welchen der Bundesrat 2014 genehmigt hat, keine Baulandeinzonungen vorgesehen, weil noch ausreichend Bauland für die nächsten 15-20 Jahre zur Verfügung stehe. Ein Abtausch von Bauzonen zwischen Gemeinden soll mit der überkommunalen Mehrwertabgabe künftig möglich werden. Gleichzeitig hat der Kantonsrat im Richtplan festgelegt, dass in Stadtlandschaften und urbanen Wohnlandschaften verdichtet werden soll. Man reibt sich daher die Augen, dass der Regierungsrat auch bei Aufzonungen und Umzonungen in Gebiete mit höherer Ausnutzung ebenfalls eine Mehrwertabgabe vorsieht, welche im Bundesgesetz NICHT vorgesehen ist. Also wird letztlich bestraft, wer in den genannten städtischen Regionen verdichtet. Diese Absurdität muss der Regierungsrat der zuständigen Kommission erstmal erklären! Die im Erläuterungstext zum Gesetzesentwurf aufgeführte Begründung, die Bereitstellung von zusätzlichen baulichen Nutzungsmöglichkeiten sei ist in der Regel mit Kosten für Massnahmen der Raumplanung verschiedenster Art verbunden, genügt keinesfalls. Bei Aufzonungen verlangt der Kanton eine Abgabe von 5% und empfiehlt den Gemeinden dringlichst, weitere 15% zu verlangen, um „die damit erhaltenen Mittel ausschliesslich für kommunale Massnahmen der Raumplanung und deshalb innerhalb derselben Gemeinde zu verwenden.“ Da das Bundesgesetz richtigerweise keine Mehrwertabgabe auf Auf- und Umzonungen verlangt, sollte im Interesse der landschonenden Nutzung durch Verdichtung in städtischen Gebieten im Kanton ganz auf diese kontraproduktive Abgabe verzichtet werden.

Immerhin können Gemeinden auf einen Mehrwertausgleich in ihren Bau- und Zonenordnungen verzichten und stattdessen mit Bauherrschaften städtebauliche Verträge abschliessen.

Bürokratie soweit das Auge reicht

Einmal mehr feiert auch in dieser Vorlage die Bürokratie Urstände. Nicht nur soll – zweckmässigerweise – ein kantonaler Ausgleichsfonds geschaffen werden, auch Gemeinden sollen solche vorsehen. Man stelle sich vor, wenn sämtliche Gemeinden ihre Bauordnungen mit einem Mehrwertausgleichen versehen würden, entstünden mehr als 160 kommunale Ausgleichsfonds mit entsprechenden Reglementen und Fondsverwaltungen! Zudem sind die Höhe der Mehrwertabgaben sowie Inhalte städtebaulicher Verträge im Grundbuch einzutragen, ganz abgesehen von Meldepflichten der Gemeinden an den Kanton. Nicht genug, die Gemeinde soll auch ein gesetzliches Pfandrecht für die Mehrwertabgabe und Ansprüche aus städtebaulichen Verträgen an den von der Planungsmassnahme betroffenen Grundstücken zustehen.

Der Kantonsrat hat einiges an dieser Vorlage zu korrigieren, damit sie widerspruchsfrei zu übergeordneten Zielen der Raumplanung wird.

Autor

Martin Farner-Brandenberger

Kantonsrat und Präsident Hauseigentümerverband Region Winterthur

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