Eine Studie von Raiffeisen zeigt, dass sich Privatpersonen immer mehr als Bauherren zurückziehen. Dieser Rückzug hat auch einen Einfluss für Mieter, eine Studie vom Bundesamt für Wohnungswesen zeigt, dass private Vermieter die Mieten weniger stark erhöhen als Genossenschaften. Im Beitrag von TeleTop sagt HEV-Geschäftsführer Ralph Bauert was die Gründe für diesen Rückgang bei privaten Bauherren sind und fordert mehr Unterstützung durch die Baubehörden.
Für private Bauherren wird das Bauen in der Schweiz immer schwieriger und einige Private entscheiden sich deswegen ihre Liegenschaft zu verkaufen anstelle den Aufwand für einen Umbau oder Neubau auf sich zu nehmen. Damit nimmt auch der Anteil privater Vermieter ab, was für Mieter keine gute Nachricht sind. 92 Prozent der Mieter sind sind mit ihrer Wohnung glücklich und private Vermieter erhöhen die Bestandesmieten weniger stark als Genossenschaften.
Studie Raiffeisen: Private ziehen sich als Bauherren zurück
Eine aktuelle Studie von Raiffeisen zeigt, dass sich immer mehr Privathaushalte aus dem Wohnungsbau verabschieden, wie eine neue Analyse von Baugesuchen zeigt. Für diesen Trend, der schon lange dauert, sind mehrere Faktoren verantwortlich. Neben dem Zwang zum verdichteten Bauen, welcher die ohnehin schon steigende Komplexität von Bauprojekten zusätzlich erhöht, können dafür auch die Regulierungsflut, der Trend zu grösseren Wohngebäuden und zur Professionalisierung und sogar Wohlstandsphänomene angeführt werden.
Privathaushalte auf dem Rückzug
Der Anteil der von privaten Haushalten gebauten Wohnungen nimmt seit Jahren immer mehr ab. Im Jahr 2001 entfielen noch fast 40 Prozent der Wohnungen in eingereichten Baugesuchen auf Privatpersonen als Bauherren. Bis 2023 hat sich dieser Anteil auf gerade noch 18 Prozent mehr als halbiert. Private sind nach wie vor die mit Abstand wichtigsten Eigentümer von Wohnungen. Neben ihrem selbstgenutzten Wohneigentum besitzen sie auch noch 45 Prozent aller Mietwohnungen. Als Bauherr und in etwas geringerem Masse auch als Eigentümer überlassen sie das Feld aber immer mehr anderen Marktteilnehmern.
Der Rückzug der Privaten betrifft sämtliche Segmente des Wohnungsbaus. Nur noch etwas mehr als jede zehnte neue Mietwohnung wird von privaten Bauherren geplant. Vor zwanzig Jahren war es noch jede fünfte. Auch Stockwerkeigentum wird immer weniger von Privatpersonen erstellt. Und selbst den Traum vom Einfamilienhaus erfüllt sich die Mehrheit der Haushalte mittlerweile nicht mehr in Eigenregie. 2023 wurden erstmals mehr Baugesuche für Einfamilienhäusern von anderen Bauherren als von Privatpersonen eingereicht.
Studie Raiffeisen Economic Research: Immobilien Schweiz - 2Q 2024: Private ziehen sich als Bauherren zurück
Die Privaten nehmen Reissaus
Der Schlamassel ist angerichtet. Die Schweiz leidet unter einer wachsenden Wohnungsknappheit. Dieser Befund ist unbestritten. Rapide sinkende Angebotsquoten und steil ansteigende Mietpreise sprechen eine überdeutliche Sprache. Diejenigen, die das Problem verniedlichen, machen dafür vielfach die höheren Zinsen und die gestiegenen Baukosten verantwortlich und suggerieren damit, dass wir es nur mit einer temporären Bauflaute zu tun haben. Doch das Problem liegt tiefer. Der Wohnungsbau ist zu kompliziert geworden. Jeder, der selbst einmal als Privatperson gebaut hat, weiss, wie viele finanzielle, zeitliche und mentale Ressourcen bereits ein kleines Bauprojekt verschlingt. Offenbar hat man den Bogen überspannt und die Privaten wollen sich das Bauen nicht mehr antun. Überfordert von der Komplexität, überlassen die Privaten bereits seit vielen Jahren das Feld vermehrt anderen Marktteilnehmern. Noch im Jahr 2001 wurden deutlich über 20 Prozent der Mietwohnungen von Privatpersonen gebaut. Heute sind es weniger als 12 Prozent. Sogar den Bau von Einfamilienhäusern überlassen die Privaten immer mehr professionellen Akteuren. Diese profitieren von ihren Erfahrungen aus anderen Bauprojekten und können dadurch Skaleneffekte und Synergien erzielen.
Auch als Eigentümer von Mietwohnungen ziehen sich die Privaten zurück. Seit 2017 hat sich der Anteil der Mietwohnungen im Besitz von Privatpersonen um über 4 Prozentpunkte auf noch 45 Prozent reduziert. Viele Private sind überfordert, wenn sie die Sanierung einer Mietrenditeliegenschaft an die Hand nehmen müssen, und daher offen für einen Verkauf. Der Rückzug der Privaten blieb lange im Verborgenen, weil in der Negativzinsphase insbesondere Versicherungen und Pensionskassen in die Lücke gesprungen sind und massiv Mietwohnungen erstellt haben. Erst seit die institutionellen Investoren nach der Zinswende ebenfalls weniger Wohnungen bauen, ist das stille Verschwinden der Privaten offensichtlich geworden. Deren Rückzug hätte eigentlich ein Warnsignal sein müssen, wurde aber nicht registriert. Von gewissen Kreisen wird der wachsende Anteil der institutionellen Investoren beim Besitz von Mietwohnungen stark kritisiert, ohne dass die Frage nach den Motiven dieser Entwicklung gestellt wird. Damit Pensionskassen und Versicherungen kaufen können, müssen die Privaten verkaufen wollen. Unsere Analyse von über einer Million Baugesuchen zeigt, dass die Privaten immer mehr Reissaus nehmen und sich als Bauherren aus dem Wohnungsbau verabschieden. Das sind starke Indizien dafür, dass sich die Privaten nicht mehr als der «best owner» solcher Renditeliegenschaften betrachten und daher in der Tendenz verkaufen. Anstatt die Versicherungen und die Pensionskassen zu tadeln, sollte man sich vielmehr der Ursachen dieser Entwicklung annehmen und erstmal froh sein, dass überhaupt noch jemand baut. Bauen scheint zu kompliziert geworden zu sein. Allein die wachsende Dauer zwischen Baugesuch und Baubewilligung macht die steigende Komplexität ersichtlich. Je nach Grösse des Bauvorhabens hat sich diese Zeitdauer seit dem Jahr 2001 um 30 bis 74 Prozent erhöht. Die Komplexität wird in erster Linie durch den Zwang zur Verdichtung, die Flut von Regulierungen und den Trend zu grossen Wohnüberbauungen verstärkt. Eine weitere Restriktion ist zudem die im Jahr 2020 verschärfte Regulierung der Hypothekarkreditvergabe, die für Renditeobjekte nicht mehr bloss 10 Prozent Eigenmittel, sondern deren 25 Prozent fordert. Diese Verschärfung ging zulasten derjenigen Bauherren, die stärker auf Fremdmittel angewiesen sind – wozu auch die Privaten zählen.
Wenn es zutrifft, dass eben nicht nur die höheren Zinsen und Baukosten für die schwache Bautätigkeit verantwortlich sind – wie wir schon seit Längerem betonen –, dann wird die Bauflaute nicht enden, wenn sich die Zinsen und die Baupreisteuerung wieder normalisiert haben. Entsprechend besteht dringender Handlungsbedarf, damit wieder mehr Wohnungen gebaut werden. Dazu müssen die Baugesetze vereinfacht, die Regulierung zurückgefahren, die Einspracheflut eingedämmt und das Bauen schlicht wieder attraktiver gemacht werden. Die dafür notwendigen Massnahmen werden zwar angedacht, doch der Prozess verläuft überaus langsam. Allein in der Stadt Zürich sind aktuell über 3000 Wohnungen durch die Lärmgesetzgebung blockiert. Diese wird derzeit im Parlament behandelt, stösst aber auf den Widerstand gewisser Kreise und es könnte sogar noch das Referendum dagegen ergriffen werden. Ebenfalls von nöten ist eine rechtliche Verankerung des Anrechtes der Bevölkerung auf eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum. Denn immer dann, wenn Gerichte zu entscheiden haben zwischen Denkmalschutz, Heimatschutz, Lärmschutz, Ortsbildschutz usw. und dem Bau von Wohnungen, bleibt regelmässig Letzterer auf der Strecke, weil das Anliegen der breiten Bevölkerung nach bezahlbarem Wohnraum nirgendwo in den Gesetzen verankert ist.
Die Sicht des Raiffeisen Chefökonomen Fredy Hasenmaile
Mehr Unterstützung für private Bauherren und Vermieter
In den vergangenen Jahren sind Baubewilligungen immer komplexer geworden und dauern länger. Wenn private Bauherren mit einem Bauvorhaben zu den Baubehörden gelangen, vermissen private Bauherren häufig die Unterstützung durch die Behörden. Im Beitrag von TeleTop formuliert HEV-Geschäftsführer Ralph Bauert deswegen den Wunsch, dass beim Baubewilligungsprozess verstärkt aufgezeigt wird, wie etwas möglich ist und nicht nur gesagt wird was nicht erlaubt ist. Diese Problematik trifft auch Bauherren welche ihre Liegenschaft vermieten und wenn sich private Vermieter vom Mietwohnungsmarkt zurückziehen, hat dies auch Auswirkungen für Mieter.
Private Vermieter sorgen sich im ihre Mieter
In der Schweiz gehören knapp 50 Prozent der Mietwohnungen privaten Vermietern. Im Kanton Zürich ist der Anteil geringer, auch weil viele Wohnungen Genossenschaften gehören. Umfragen bei Mietern zeigen, dass diese mit ihren Vermietern sehr zufrieden sind. In einer Umfrage des Immobilienberatungsunternehmen Wüest Partner sagten 2023 92 Prozent der befragten Mieter, dass es ihnen in ihren Wohnungen gut (48%) oder sogar sehr gut (44%) gefällt. Eine Studie vom Bundesamt für Wohnungswesen zeigt zudem, dass private Vermieter Bestandesmieten weniger stark erhöhen als Genossenschaften.
Studie Bundesamt für Wohnungswesen: Bestandesmieten
Eine Studie vom Bundesamt für Wohnungswesen hat die Veränderungen bei Altbestandesmieten untersucht. Das Resultat zeigt, dass sich die Entwicklungen der Altbestandesmieten je nach Eigentümer der Mietwohnung unterscheidet. In Wohnungen von Pensionskassen, Versicherungen und Fonds, die gut 32 Prozent der Wohnungen in der Stichprobe ausmachen, sind die Mieten ohne Mieterwechsel seit 2011 um lediglich rund 0,2 Prozent gestiegen.
Stärker angestiegen sind die Altbestandesmieten hingegen bei genossenschaftlichen Eigentümern (2,5 Prozent). Durch das Prinzip der Kostenmiete, die in der Regel an das Zinsniveau gebunden ist, ergeben sich starke Schwankungen nach Änderungen der Hypothekarzinsen. Zwar war die Dynamik der Altbestandesmieten bei genossenschaftlichen Vermietern seit 2011 am grössten. Diese steht jedoch im Kontrast zum Niveau der Mieten, das deutlich niedriger ist als bspw. bei institutionellen Vermietern.
Privatvermieter stellen mit knapp 39 Prozent die grösste Gruppe in der Stichprobe dar. Bei ihnen zahlen Bestandesmieter im Jahr 2023 rund 1,1 Prozent mehr als bei Einzug 2011. Hier scheinen Mieter häufiger auf das Einfordern von Mietsenkungen nach Senkungen des Referenzzinssatzes verzichtet zu haben. Auf der anderen Seite fällt der Anstieg der Mieten im aktuellen Quartal am wenigsten ins Gewicht. Die Resultate deuten darauf hin, dass das persönliche Mietverhältnis bei privaten Vermietern davon abhält, Änderungen des Mietzinses durchzusetzen.
Studie Bundesamt für Wohnungswesen BWO: Eine Analyse der Entwicklungen der Altbestandesmieten im Kontext etablierter Mietpreisindizies
Private sollen in Winterthur Mietwohnungen bauen dürfen
Die SP-Initiative "Wohnen für alle" fordert, dass bis 20240 der Anteil gemeinnütziger Wohnungen 25 Prozent aller Wohnungen ausmacht und sich praktisch verdoppelt. Der Stadtrat hält dieses Ziel für nicht realisierbar und hat einen Gegenvorschlag präsentiert. Dieser Gegenvorschlag wurde vom Stadtparlament in mehreren Punkten angepasst. Einerseits soll der Anteil gemeinnütziger Wohnungen reduziert werden und die Frist zur Erreichung bis 2050 verlängert werden. Zudem wurde die Vorgabe des "gemeinnützigen Wohnbaus" gestrichen. Das heisst: Eigentümer müssen nicht zwingend Genossenschaften, Vereine oder Stiftungen sein. Damit soll sichergestellt werden, dass auch private Eigentümer in Winterthur Mietwohnungen bauen können.
TeleTop: Privatpersonen bauen kaum mehr Einfamilienhäuser
Im Beitrag auf TeleTop vom 16. Mai 2024 wird berichtet, dass kaum eine Privatperson noch ein Einfamilienhaus baut. Das zeigt eine aktuelle Studie der Raiffeisen. Die Bank hat mehr als eine Million Schweizer Baugesuche ausgewertet. Erstaunlich: Haben im Jahr 2001 noch 40 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer ihr Eigenheim selbst gebaut, waren es im letzten Jahr nur noch 18 Prozent.
Im Beitrag von TeleTop werden HEV-Geschäftsführer Ralph Bauert, Matthias Engel vom Schweizerischen Baumeisterverband und Francis Schwartz von Raiffeisen Schweiz zum Thema befragt.