Die Zugehörigkeit eines Liegenschaftsteils zum gemeinschaftlichen Teil bzw. zum Sonderrecht ist von grosser praktischer Bedeutung. Sie ist massgebend für die Verteilung der damit verbundenen Rechte und Pflichten zwischen den einzelnen Stockwerkeigentümern und der Gemeinschaft sowie für die Beschlussfassung. So obliegt die Unterhalts- sowie die Kostentragungspflicht bezüglich gemeinschaftlicher Teile der Stockwerkeigentümergemeinschaft; für ihren Sonderrechtsteil sind die einzelnen Stockwerkeigentümer dagegen selber verantwortlich.
Zwingend gemeinschaftliche Teile
Das Gesetz enthält keine abschliessende Aufzählung, was zu den Gemeinschafts- und was zu den Sonderrechtsteilen zu zählen ist. Der Stockwerkeigentümergemeinschaft wird ein relativ grosser Entscheidungsspielraum zugestanden.
Zwingend gemeinschaftlich sind folgende Teile, d.h. sie können nicht mittels Rechtsgeschäft zu Sonderrecht ausgeschieden werden (Art. 712b Abs. 2 ZGB):
- Alles, was zum Boden der Liegenschaft gehört und nicht ein Gebäude ist.
Beispiele: Garten (inkl. aller mit dem Boden verbundenen Pflanzen), Spielplatz, Schwimmbad, Einfriedungen wie Mauern und Zäune, Stützmauern, Aussenparkplätze, Fahr- und Fusswege. - Selbständiges und dauerndes Baurecht, falls das Gebäude im Baurecht erstellt wurde.
- Elementare Gebäudeteile, d.h. alle Bauteile, welche für den Bestand, die konstruktive Gliederung und Festigkeit des Gebäudes oder der Räume anderer Stockwerkeigentümer von Bedeutung sind.
Beispiele: Hausfassade inkl. Aussenbereiche der Balkone, Loggias und Veranden, Kamine, ganze die Fassade ersetzende Fensterfronten, Aussenantennen, Dachterrassen, gemeinsame Hauseingangstüren. - Gemeinsame Anlagen und Einrichtungen: Nicht relevant ist dabei, ob die einzelnen Stockwerkeigentümer derartig gemeinschaftliche Teile auch tatsächlich benützen (z.B. gemeinschaftliche Waschküche). Beispiele: Abstellräume für mehrere Stockwerkeigentümer (wie Velo- und Skiabstellräume), gemeinschaftliche Zentralheizung, Leitungen, Lüftungen und Lifte, gemeinsames Treppenhaus, Waschküche und Trocknungsraum für alle.
Gewillkürte gemeinschaftliche Teile
Die Stockwerkeigentümergemeinschaft kann weitere Räumlichkeiten, Einrichtungen oder Anlagen, welche sonderrechtsfähig wären, ausdrücklich für gemeinschaftlich erklären (Art. 712b Abs. 3 ZGB) – nicht aber das gesamte Gebäude. Diese gewillkürte Zuordnung zu Gemeinschaftsteilen kann entweder im Begründungsakt oder später durch einstimmige Vereinbarung aller Stockwerkeigentümer erfolgen (Änderung des Reglements sowie des Aufteilungsplans), die öffentlich beurkundet werden muss. Beispiele: Hauswartswohnung, Bastel- und Partyräume, Garagenboxen, Kellerabteile, Fenster der Stockwerkeinheiten.
Sonderrechtsfähige Teile
Das Gesetz stellt die Vermutung auf, dass nicht als gemeinschaftlich erklärte Bestandteile zu Sonderrecht ausgeschieden sind (Art. 712b Abs. 3 2. Teil ZGB). Somit können an Gebäudeteilen, die nicht zwingend gemeinschaftlich sind oder als gemeinschaftlich erklärt wurden, grundsätzlich Sonderrechte bzw. Stockwerkeigentumseinheiten begründet werden. Gemäss Ziff. 712b Abs. 1 ZGB müssen solche Sonderrechtsteile folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
- Räumliche Abgeschlossenheit: Der Raum (bzw. Räume) muss auf allen Seiten abgeschlossen oder abschliessbar sein. Dies kann mittels fest montierten Vorrichtungen jeglicher Art geschehen wie Mauern, Verschläge, Gitter, Türen usw. – Aus diesem Grund können einzelne Autoabstellplätze im Freien oder in der Sammelgarage, die nur mit einer Farbmarkierung am Boden gegeneinander abgegrenzt sind, nicht als Sonderrecht ausgeschieden werden; dies im Gegensatz zu separaten Einstellboxen oder abschliessbaren Einzelgaragen.
- Wirtschaftliche Einheit: Als Stockwerkeigentumseinheiten kommen ganze Stockwerke oder zusammenhängende Teile davon in Frage, die als Wohnung, Geschäftslokal, Gewerberäume oder zu einem anderen Zweck eine eigenständige wirtschaftliche Funktion erfüllen. Damit soll verhindert werden, dass kleine, für sich nicht existenzfähige Räume, wie Toiletten und Küchen, zu Sonderrecht ausgeschieden werden.
- Eigener Zugang: Die Stockwerkeigentumseinheit muss von gemeinschaftlichen Teilen aus direkt erreicht werden können (z.B. gemeinschaftliche Zugangswege, Eingangshalle, Gang, Treppen). Unzulässig wäre demnach der Zugang über im Sonderrecht stehende Räume anderer Stockwerkeigentümer.
Einer Stockwerkeigentumseinheit können zudem ein oder mehrere Nebenräume zugeteilt werden (Art. 712b Abs. 1 ZGB). Diese stehen in einem funktionalen Zusammenhang zu einer bestehenden Sonderrechtseinheit und bilden nur einen räumlich abgetrennten, jedoch inhaltlich verbundenen Teil von ihr. In der Praxis sind häufig folgende Beispiele von Nebenräumen anzutreffen: Bastel- und Hobbyräume, Keller- und Estrichabteile, Lagerräume, separate Waschküchen und Trocknungsräume, Einzelgaragen und Garagenboxen sowie Mansardenzimmer.
Beispiele von Sonderrechten im Innenbereich des Gebäudes: Bodenbeläge, Deckenverkleidungen, nichttragende Trennwände, Wohnungstüren sowie Türen innerhalb der Wohnung, eingebaute Schränke, Cheminée, Radiatoren, Küchen-, Badezimmer- oder Toiletteneinrichtungen, Leitungen von der Abzweigung der gemeinschaftlichen Leitung an.
Beispiele von Sonderrechten im Aussenbereich des Gebäudes: Innenseite von individuell zugänglichen Balkonen und Veranden (ohne Geländer, Brüstung etc.), Fenster, Dachfenster, Schaufenster inkl. Rollläden und Sonnenstoren.
Abgrenzungsprobleme
Vor allem im Aussenbereich der Liegenschaft ist die Zuordnung bestimmter Teile zu Sonderrecht bzw. zu gemeinschaftlichem Eigentum nicht immer ganz einfach, so z.B. bei Fenstern, Balkonen, Veranden und Dachterrassen.
Fenster (inkl. Balkontüren, Dachluken und –fenster sowie Storen): In der Praxis werden diese häufig im Reglement als zum Sonderrecht gehörend aufgeführt (Ausnahme: ganze Fensterfronten). Da die Fenster Bestandteil der Hausfassade bilden und damit das Aussehen des ganzen Gebäudes beeinflussen, dürfen sie allerdings von den einzelnen Stockwerkeigentümern nicht derart verändert werden, dass sie in der Art, Grösse oder Farbe sichtbar von den übrigen Fenstern abweichen (Art. 712a Abs. 2 ZGB).
Balkone und Veranden: Aufgrund der herrschenden Auffassung wird hier zwischen der Aussenseite, die zwingend gemeinschaftliches Eigentum darstellt, und dem Innenbereich, der sonderrechtsfähig ist, unterschieden, was entsprechende Unterhalts- und Kostenfolgen auslöst. Unzulässig sind demnach die eigenmächtige Veränderung der Balkonbrüstung, das Anbringen von Glas- und Kunststoffwänden als Sichtschutz oder Schattenspender, das Befestigen von Klimageräten an der Aussenfassade sowie das Aufstellen einer von aussen sichtbaren Satelitenschüssel durch einzelne Stockwerkeigentümer.
Dachterrassen: Aufgrund ihrer Lage sowie ihrer Bedeutung für die äussere Erscheinung eines Gebäudes sind die Dachterrassen zwingend dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzurechnen. Im Reglement kann jedoch ein Sondernutzungsrecht zugunsten der obersten Stockwerkeigentümereinheit eingeräumt werden.
Sondernutzungsrecht
Vom besprochenen Sonderrecht an Räumen ist das sog. Sondernutzungsrecht an gemeinschaftlichen Teilen zu unterscheiden, auch ausschliessliches Nutzungsrecht genannt. Dieses beinhaltet den Verzicht der Stockwerkeigentümergemeinschaft auf die Nutzung eines gemeinschaftlichen Gebäude- oder Grundstückteils zugunsten der exklusiven Nutzungsberechtigung eines einzelnen Stockwerkeigentümers. Solche Sondernutzungsrechte werden in der Regel bei der Stockwerkeigentumsbegründung durch entsprechende Abfassung des Reglements begründet. Leider kommt es im Zusammenhang mit den ausschliesslichen Nutzungsrechten nicht selten zu Auseinandersetzungen unter den Stockwerkeigentümern. Um solchen vorzubeugen, empfiehlt es sich sehr, bei der Einräumung von Sondernutzungsrechten den Umfang der Berechtigung sowie die damit verbundenen Pflichten im Reglement klar zu umschreiben.
Beispiele: Autoabstellplätze, Gartenanteile und Sitzplätze, Dachterrassen.