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Abstimmungen vom 24.11.2024:

Informationen und Empfehlungen

Untergemeinschaften im Stockwerkeigentum

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Was sind Untergemeinschaften im Stockwerkeigentum, wo sind sie geregelt, und welches sind ihre Grenzen und Einschränkungen?

Begriff der Untergemeinschaft

Wenn mehrere Gebäude mit je mehreren Stockwerkeigentümern zu einer einzigen Stockwerkeigentümergemeinschaft zusammengefasst werden, besteht in der Praxis unter Umständen ein Bedürfnis der Stockwerkeigentümer der einzelnen Häuser, über gewisse Angelegenheiten, die nur ihr Haus betreffen, selber bestimmen zu können (typischer Anwendungsfall von sog. Untergemeinschaften). So beispielsweise, dass jedes Haus für seinen Lift die Kosten für Reparaturen, Unterhalt und Erneuerung selber tragen muss. Somit ist eine Untergemeinschaft die Vereinigung bestimmter Stockwerkeigentümer in einer Organisationsstruktur, die zum Zweck hat, Aufgaben und Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Mit einer Untergemeinschaft kann der effektiv betroffenen Gruppe von Stockwerkeigentümern eine gewisse Autonomie zugestanden werden.

Regelung und Auflösung der Untergemeinschaft

Die gesetzlichen Bestimmungen in Art. 712 ff. ZGB regeln nur die Stockwerkeigentümergemeinschaft als Ganzes. Demgegenüber sind Untergemeinschaften im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen und somit auch nicht gesetzlich geregelt. Aufgrund der Organisationsfreiheit innerhalb der Stockwerkeigentümergemeinschaften sind solche aber zulässig. Untergemeinschaften können in der Stockwerkeigentumsbegründung, im Reglement oder mit einem qualifizierten Stockwerkeigentümerbeschluss vorgesehen werden. Folgende gemeinschaftliche Teile werden beispielsweise öfters der Bewirtschaftung durch eine Untergemeinschaft anvertraut: Eingangsbereich, Treppenhaus, Waschküche, Heizung und Lift.

Bei Untergemeinschaften sind von Vorteil u.a. folgende Punkte zu regeln:

  • Mitglieder der Untergemeinschaft
  • Delegation von Aufgaben, Zuständigkeiten und Kompetenzen
  • Liste der betroffenen gemeinschaftlichen Teile
  • Befugnisse und Organisation der Untergemeinschaft
  • Aufteilung der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten
  • Differenzierte Führung des Erneuerungsfonds
  • Beziehung zur Stockwerkeigentümergemeinschaft und der Untergemeinschaften untereinander

Die Auflösung einer Untergemeinschaft ist jederzeit auf dem gleichen Weg wie deren Begründung möglich. Die Untergemeinschaft geht aber auch automatisch beim Untergang des Stockwerkeigentums unter.

Grenzen und Einschränkungen bei Untergemeinschaften

Die Grenzen der Aufteilung in Untergemeinschaften sind die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen. So können Untergemeinschaften nicht über zwingend gemeinschaftliche Teile gemäss Art. 712b Abs. 2 ZGB (wie der Boden der Liegenschaft, die Bauteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und die Festigkeit des Gebäudes von Bedeutung sind oder die äussere Gestalt und das Aussehen des Gebäudes bestimmen sowie die Anlagen und Einrichtungen, die auch anderen Stockwerkeigentümern für die Benutzung ihrer Räume dienen) verfügen oder selbständig bauliche Massnahmen anordnen. Die zwingende Rechtsordnung im Stockwerkeigentum darf durch die Untergemeinschaften nicht ausgehebelt werden. Da die Stockwerkeigentümerversammlung das zwingende Organ jeder Stockwerkeigentümergemeinschaft ist, kann diese nicht durch regelmässige Versammlungen der Untergemeinschaften ersetzt werden. Die Stockwerkeigentümerversammlung kann zwar verschiedene Kompetenzen an die Untergemeinschaften delegieren, sie kann aber auch jederzeit auf ihre Beschlüsse zurückkommen und die Kompetenzen wieder entziehen.

Betreffend die Anordnung baulicher Massnahmen durch die Untergemeinschaft wird in deren Bestimmungen deshalb jeweils festgehalten, dass nebst der Zustimmung der Untergemeinschaft auch die Stockwerkeigentümergemeinschaft ihr Einverständnis geben muss, sofern die baulichen Massahmen die äussere Gestalt oder das Aussehen des Gebäudes wesentlich verändern. Wenn jedoch im Reglement festgehalten wird, dass die Kosten von baulichen Massnahmen bei den einzelnen Häusern von den Mitgliedern der Untergemeinschaft zu übernehmen sind, wird es leichter sein, auch die Zustimmung der Stockwerkeigentümergemeinschaft zu erhalten, insbesondere, wenn die Finanzierungüber den Erneuerungsfonds bereits sichergestellt ist und die nicht direkt betroffenen Stockwerkeigentümer sich nicht finanziell beteiligen müssen.

Untergemeinschaften verfügen weder über Rechts-, Vermögens- noch Betreibungsfähigkeit. Sie können somit nicht im eigenen Namen handeln und haben keine rechtliche Selbständigkeit. Um dieses Problem zu lösen, wird entweder ein oder mehrere Stockwerkeigentümer ermächtigt im Namen der Stockwerkeigentümergemeinschaft zu handeln oder die Untergemeinschaft wird ermächtigt, dem Verwalter Aufträge zu erteilen, damit dieser allenfalls Verträge mit Dritten im Namen der Stockwerkeigentümergemeinschaft abschliesst. Da sämtliche Handlungen für und im Namen der Stockwerkeigentümergemeinschaft vorgenommen werden und dieser anzurechnen sind, müssen derartige Delegationen sehr sorgfältig überlegt und mit Vorsicht erteilt werden.

Auch können Untergemeinschaften kein eigenes Vermögen haben, d.h. auch keinen eigenen Erneuerungsfonds. Es kann jedoch geregelt werden, dass der Erneuerungsfonds so zu führen ist, dass jederzeit ersichtlich ist, welche Guthaben den Stockwerkeigentümern der einzelnen Gebäude zusteht. Weiter kann bestimmt werden, dass, soweit aus den Mitteln des Erneuerungsfonds die Kosten des Unterhalts, der Reparaturen und der Erneuerung von gemeinschaftlichen Teilen und Einrichtungen eines Gebäudes einer Untergemeinschaft gedeckt werden sollen, die Zahlung ausschliesslich aus dem Guthaben der Stockwerkeigentümer des betroffenen Gebäudes (Untergemeinschaft) geleistet wird.

Variante ohne Untergemeinschaften

Wenn mehrere separate Häuser mit je mehreren Stockwerkeigentümern erstellt werden sollen, ist es häufig besser, von Anfang an je Gebäude eine separate Stockwerkeigentümergemeinschaft zu bilden und das Grundstück entsprechend aufzuteilen sowie die gemeinsame Tiefgarage ebenfalls als eigenes Grundstück auszuscheiden. Diese Variante ist mit etwas höheren Kosten verbunden, kann aber rechtlich flexibler ausgestaltet werden. Eine nachträgliche Aufteilung in verschiedene Stockwerkeigentümergemeinschaften ist dagegen meist sehr kompliziert.

Fazit

Es fehlen gesetzliche Regelungen zu Untergemeinschaften. Trotzdem sind Untergemeinschaften in der Praxis ein Bedürfnis. Sie sollten aber umfassend und klar geregelt werden, ansonsten können sie grosses Konfliktpotential beinhalten. Eine kompetente Beratung ist deshalb sehr empfehlenswert.

Autorin

Sandra Haggenmacher

Rechtsanwältin, lic. iur., MCJ, Rechtsberaterin Hauseigentümerverband Region Winterthur

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