Ein zentrales Ziel des am 1. Januar 2013 in Kraft getreten Erwachsenenschutzrechtes ist die Förderung des Selbstbestimmungsrechts durch eigene Vorsorge. Mit dem Instrument des Vorsorgeauftrages kann eine Person für den Fall ihrer eigenen Urteilsunfähigkeit (z.B. infolge Krankheit oder eines Unfalles) selbst Vorkehrungen treffen.
Trifft man keine Vorkehrungen, ist für gewisse Handlungen vorgängig die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde (KESB) einzuholen. Handelt es sich bei der urteilsunfähigen Person z.B. um einen Hauseigentümer, kann diese Zustimmungserfordernis im Geschäftsalltag alles andere als sachdienlich sein. Der Ehepartner darf ohne die Zustimmung der KESB gewisse Geschäfte (z.B. Erhöhung der Hypothek, Verkauf der Liegenschaft) nicht abschliessen.
Worum geht es bei einem Vorsorgeauftrag?
Eine handlungsfähige Person kann mit einem Vorsorgeauftrag festlegen, wer sich im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit um ihre Angelegenheiten kümmern soll (Art. 360 ZGB).
Was kann in einem Vorsorgeauftrag geregelt werden?
Der Vorsorgeauftrag kann für die Personen- und Vermögenssorge sowie die Vertretung im Rechtsverkehr erteilt werden.
Was beinhaltet die Personensorge?
Die Personensorge beinhaltet die Aufgaben in Bezug auf die alltägliche Betreuung und Begleitung. Dazu gehören zum Beispiel Entscheide über die Unterbringung in einem Heim oder Spital, die Entgegenahme und Bearbeitung des Postverkehrs, Entscheide über pflegerische Massnahmen etc.
Was beinhaltet die Vermögenssorge
Die Vermögenssorge umfasst die Verwaltung des Vermögens und des Einkommens.
Was beinhaltet die Vertretung im Rechtsverkehr?
Die Vertretung im Rechtsverkehr beinhaltet die Vertretung gegenüber Behörden, Gerichten und Privaten.
Wen kann ich als Vorsorgebeauftragen / Vorsorgebeauftragte einsetzen?
Es können entweder natürliche Personen oder juristische Personen eingesetzt werden. Diese müssen voll handlungsfähig sein. Es ist möglich, auch mehrere Beauftragte je für verschiedene Aufgaben einzusetzen. So kann man zum Beispiel die Personensorge einem Familienangehörigen erteilen und die Vermögenssorge an einen Spezialisten oder einem anderen Familienangehörigen. Zudem können Ersatzbeauftragte vorgesehen werden, für den Fall, dass die beauftragte Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt.
Ich bin verheiratet. Demnach brauche ich keinen Vorsorgeauftrag, da mein Ehegatte mich vertreten darf, stimmt das?
Das stimmt nicht ganz. Der Ehegatte ist von Gesetzes wegen zur Vertretung berechtigt, wenn er mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig Beistand leistet. Dieses Vertretungsrecht umfasst alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind, somit die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte sowie nötigenfalls die Befugnis die Post zu öffnen und zu erledigen (Art. 374 ZGB). Für ausserordentliche Vertretungshandlungen (z.B. Verkauf einer Liegenschaft) muss die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) beigezogen werden.
Wir der Ehegatte hingegen in einem Vorsorgeauftrag als Vorsorgebeauftragter eingesetzt, so braucht es auch für die ausserordentlichen Vertretungshandlungen keiner Zustimmung durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde.
Wie errichte ich einen Vorsorgeauftrag?
Der Vorsorgeauftrag muss eigenhändig von Anfang bis Ende niedergeschrieben werden und ist am Schluss mit Ort, Datum und Unterschrift zu versehen. Ist man nicht mehr in der Lage, den Vorsorgeauftrag eigenhändig niederzuschreiben oder will man das nicht, kann dieser auch öffentlich beurkundet werden. Die auftraggebende Person muss im Zeitpunkt der Errichtung volljährig und urteilsfähig sein.
Ich besitze einen Vorsorgeauftrag, die Kindes- und Erwachsenschutzbehörde hat nun nichts mehr zu sagen, trifft dies zu?
Ganz ohne Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde geht es nicht. Erfährt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, dass jemand urteilsunfähig geworden ist, erkundigt sie sich beim Zivilstandsamt, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt. Ist ein Vorsorgeauftrag vorhanden, prüft die KESB die Gültigkeits- und Wirksamkeitsvoraussetzungen des Vorsorgeauftrages. Sie prüft, ob der Vorsorgeauftrag gültig errichtet worden ist und ob die Urteilsunfähigkeit eingetreten ist (Art. 363 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 ZGB). Zudem prüft sie, ob die beauftragte Person geeignet erscheint und auch bereit ist, den Auftrag unter den gegebenen Bedingungen anzunehmen (Art. 363 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB). Sind sämtliche Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vorsorgeauftrages gegeben, händigt die Behörde der beauftragen Person als Legitimationspapier gegenüber Dritten eine Urkunde aus, worin ihre Befugnisse festgehalten sind.
Ist die Urteilsunfähigkeit nur für gewisse Aufgaben, welche im Vorsorgeauftrag genannt werden, eingetreten, ist eine teilweise Validierung des Vorsorgeauftrages möglich.
Wie schütze ich mich vor einem möglichen Missbrauch durch den Vorsorgebeauftragten?
Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde klärt vor der Validierung des Vorsorgeauftrages die grundsätzliche Eignung der vorsorgebeauftragten Person ab. Nach der Validierung erfolgt in der Regel keine Überprüfung der Tätigkeit des Vorsorgebeauftragten / der Vorsorgebeauftragen durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Man sollte daher nur eine Person als Beauftragte einsetzen, der man sein volles Vertrauen schenkt.
Vernimmt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde jedoch nach der Validierung, dass die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind, trifft sie die erforderlichen Massnahmen zum Schutz des Vorsorgeauftraggebers / der Vorsorgeauftraggberin (Art. 368 Abs. 1 ZGB). Sie kann insbesondere der beauftragten Person Weisungen erteilen, diese zur Einreichung eines Inventars, zur periodischen Rechnungsablage und Berichterstattung verpflichten oder ihr die Befugnisse teilweise oder ganz entziehen. (Art. 368 Abs. 2 ZGB).
Wo bewahre ich den Vorsorgeauftrag auf?
Der Vorsorgeauftrag kann privat aufbewahrt werden. Im Kanton Zürich kann dieser auch bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde am Wohnsitz der auftraggebenden Person hinterlegt werden (§75 Einführungsgesetz zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht des Kantons Zürich (EG KESR)). Zudem kann das Bestehen eines Vorsorgeauftrages und dessen Hinterlegungsort beim zuständigen Zivilstandamt ins Personenstandsregister eingetragen werden. Bei einem Wohnsitzwechsel empfiehlt es sich, auch den Hinterlegungsort bei der KESB zu wechseln.
Bewahrt man den Vorsorgeauftrag privat auf, ist es wichtig, dass der Vorsorgeauftrag im Falle der Urteilsunfähigkeit auch leicht aufgefunden werden kann. Es ist daher zu empfehlen, den Vorsorgebeauftragten / die Vorsorgebeauftragte oder eine nahestehende Person über den Aufbewahrungsort zu informieren und einen Ort zu wählen, auf den zugegriffen werden kann.
Bewahrt die auftraggebende Person den Vorsorgeauftrag zum Beispiel in einem Banksafe auf, wo niemand anderes als die auftraggebende Person selbst Zugriff hat, wird die Urkunde nach Eintritt der Urteilsunfähigkeit des Vorsorgeauftraggebers / der Vorsorgeauftraggeberin möglicherweise erst vorgefunden, wenn im Rahmen einer Beistandschaft das Inventar aufgenommen werden muss.
Schlusswort
Aus dem vorgesagten ist ersichtlich, dass man sich beim Erstellen des Vorsorgeauftrages Zeit nehmen muss. Es ist wichtig sich gut zu überlegen, welche Personen als Beauftragte in Frage kommen. Zudem empfiehlt es sich, mit diesen über diese Verantwortung auch vorgängig zu sprechen. Mit einem Vorsorgeauftrag können Sie im Falle Ihrer Urteilsunfähigkeit Ihre Personen- und Vermögenssorge sowie die Vertretung im Rechtsverkehr nach Ihren Wünschen regeln.
Bei der Beratung und Erstellung des Vorsorgeauftrages hilft Ihnen der Hauseigentümerverband Region Winterthur gerne weiter. Vereinbaren Sie jetzt einen Termin: Tel. 052 212 67 70